Quellenzur Geschichte derMenschenrechte

Madres de la Plaza de Mayo

Inés Ragni und Lolín Rigoni gehörten 1982 zu den Gründerinnen der Sektion der Madres de la Plaza de Mayo in Neuquén und Alto Valle im Süden Argentiniens – einer der wichtigsten Menschenrechtsorganisationen Argentiniens. Während der Militärdiktatur (1976-1983) konzentrierte sich ihr Protest darauf, die Freilassung von Verhafteten beziehungsweise Informationen über deren Verbleib einzufordern. Nach der Rückkehr zur Demokratie setzten sie sich für eine strafrechtliche Aufarbeitung der Menschenrechtsverletzungen und die Entschädigung von Opfern ein und engagierten sich gedenkpolitisch. Kennzeichnend für den Protest der Madres war, dass sie sich demonstrativ apolitisch gaben, indem sie auf die Sprache der Menschenrechte zurückgriffen und die familiäre Bindung zu den Opfern zum Fundament ihres Protestes machten.

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Interview

Das Interview führte Dr. Daniel Stahl, Wissenschaftlicher Sekretär des Arbeitsreises Menschenrechte im 20. Jahrhundert, am 10. März in den Räumen des Radiosenders Encuentro, wo Ragni und Rigoni eine wöchentliche Sendung haben. Die Begegnung fand im Rahmen der Arbeiten des Thematischen Netzwerkes zum Transnationalen Wandel am Beispiel Patagoniens statt. Das von der DAAD gefördert Projekt wird von Prof. Dr. Claudia Hammerschmidt, Professorin für Romanische Literaturwissenschaft an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, geleitet. Prof. Dr. Beatriz Gentile, Dekanin der Philosophischen Fakultät der Universidad Comahue in Neuquén, hatte den Kontakt hergestellt. Sie nahm zunächst als Zuhörerin und am Schluss aktiv am Interview teil. Dem Treffen war von Beginn an ein enger Zeitrahmen von anderthalb Stunden gesetzt.

Daniel Stahl
Ich muss zugeben, bevor ich nach Neuquén kam, war mir nicht bewusst, wie aktiv die Madres de la Plaza de Mayo hier sind... 

 

Inés Ragni
… ja, wir sind hier sehr beschäftigt. Drei Mal pro Woche, also montags, dienstags und mittwochs finden Gerichtsverhandlungen wegen der Junta-Verbrechen statt. Dort sind wir dann immer von neun bis zwölf Uhr und das ist nimmt einen sehr mit. Das ist sehr anstrengend. Früher blieben wir immer bis 18 Uhr abends, aber das schaffen wir heute einfach nicht mehr. Wir sind ja nicht mehr die Jüngsten (lacht). 

 

Lolín Rigoni
Ja, und dann will man ja auch noch Zeit für Freunde, Familie und die militancia1 haben. Da muss man einfach ein gutes Gleichgewicht finden. 

 

Daniel Stahl
Wie kam es dazu, dass Sie sich mit der Thematik der Menschenrechte auseinandersetzten und sich seit Jahrzehnten für deren Schutz stark machen? Wie sah Ihr Leben vor der Diktatur aus? Waren Sie bereits vor dem Militärputsch von 1976 politisch aktiv? 

 

Inés Ragni
Im Jahr 1976 gingen wir als Frauen auf die Straße, die sich für ihre Kinder einsetzen. Das hatte noch nichts mit Madres de la Plaza de Mayo zu tun. Wir wollten etwas für unsere Kinder tun, indem wir zur Polizei, zur Zeitung, zum Radio, zum Fernsehen gingen und erzählten, dass sie nicht mehr zurückgekehrt waren, nachdem sie das Haus verlassen hatten. Wir waren einzelne Frauen, die nach ihren Kindern suchten. In diesem Zusammenhang wandten wir uns an den damaligen Bischof von Neuquén, Don Jaime de Nevares. Er war wirklich ein ganz wunderbarer Mensch und er kannte sich gut mit der Thematik der Menschenrechte aus. Er brachte uns bei, wie man sich für den Schutz der Menschenrechte stark machen konnte. 

Ich hatte mich davor auch schon immer in der Kirche und bei der Caritas engagiert und um bedürftige Menschen gekümmert. Unser Bischof war damals der Vorsitzende der argentinischen Caritas. Ich aber arbeitete vor allem mit einer Gruppe Frauen zusammen, die sich für die Caritas in meinem Stadtviertel El Progreso einsetzten. Don de Nevares kam 1963 nach Neuquén. 1965 kam eine Gruppe Italiener hierher, unter ihnen auch einige Priester, sogenannte tercer mundistas.2 Einer von ihnen kam zu uns nach Progreso, damals gab es dort aber noch keine Kapelle oder Kirche. 

 

Daniel Stahl
Seit wann arbeiteten Sie für die Caritas?

 

Inés Ragni
Das weiß ich gar nicht mehr so genau. 1963 aber arbeitete ich dort schon seit geraumer Zeit. Bevor dieser Priester in unser Viertel kam, unterrichteten wir die Jugend im Katechismus. Diese Kurse fanden bei mir zu Hause statt. Und wenn sich der Priester der Kathedrale hin und wieder dazu bereit erklärte, in Progreso einen Gottesdienst abzuhalten, zu denen dann alle Katholiken des Viertels kamen, fanden die auch bei mir zu Hause statt!

Als die tercer mundistas, diese italienischen Priester, nach Neuquén kamen, wurden sie vom Bischof verschiedenen Stadtvierteln zugeteilt. Pater Héctor ging nach Bouquet Roldán und Pater Italo, der nicht mehr hier ist, kam in mein Stadtviertel. Er brachte damals ein Gerüst aus der Kapelle mit, in der er davor gewesen war. Sonntags hüllten wir es in ein Tuch und der Priester hielt den Gottesdienst dort ab wo auch immer er einen geeigneten Platz dafür fand, denn bei mir fanden diese Gottesdienste dann nicht mehr statt. Etwa 1970 erzählte mir ein Mann, dass er gerne ein Grundstück zum Bau einer Kirche oder eines Kindergartens zur Verfügung stellen wollen würde. Ihm war es damals sehr wichtig, dass das Land an die Kirche und nicht an den Staat ging. Damals gab es einen sehr fleißigen Priester, Juan Gregi. Er hatte in verschiedenen Städten schon Einrichtungen für Kinder und ältere Menschen aufgebaut, wie zum Beispiel die Schule Don Bosco hier in Neuquén. Als ich dem Priester von diesem Spender erzählte, dem es so wichtig war, dass das Land nicht an den Staat beziehungsweise die Regierung ging, schnaufte der nur ganz resigniert. Er meinte, es wäre naiv zu glauben, dass dieser Herr der Kirche tatsächlich ohne weiteres ein Stück Land geben wolle.

 

Naja, kurzum: Wir bauten eine prächtige, riesige Kapelle mit dem Namen Rayito del Sol3 und alle Bewohner des Viertels halfen mit. Nach den Sonntags-Gottesdiensten bauten wir Frauen von der Caritas immer einen kleinen Essensstand auf und sammelten so Geld für den Bau. Neben der Kapelle bauten wir zusätzlich ein Waisenhaus für vier Jungen und vier Mädchen. Der Priester wollte die Kinder damals wie Geschwister großziehen, aber das stellte sich als kompliziert heraus, sobald die Kinder in die Pubertät kamen. All das aber zogen wir mit unseren eigenen Händen und der Hilfe der Nachbarschaft auf. Der Förderkreis der Kirche unterstützte uns monatlich mit einem festgesetzten Spendenbetrag und so arbeiteten wir uns Jahr für Jahr ein Stückchen vorwärts.

 

Daniel Stahl
Und wie sah Ihr persönliches Engagement vor dem Militärputsch aus, Frau Rigoni?

 

Lolín Rigoni
Nach Neuquén kam ich 1963, 1968 fing ich an, in der städtischen Verwaltung zu arbeiten, wo ich neun Jahre blieb. Währenddessen engagierte ich mich aber insgesamt 25 Jahre lang ehrenamtlich im öffentlichen Krankenhaus Castro Rendón. Diese ehrenamtliche Arbeit wurde von der katholischen Kirche organisiert und war somit konfessionell konnotiert und reguliert. Ursprünglich komme ich aus Bahía Blanca und schon dort half ich immer mal wieder blinden Menschen, insofern bin ich schon immer sozial engagiert gewesen. Im Jahr 1977 schließlich begann die Suche nach unserem Sohn.

 

Daniel Stahl
Wie sahen vor 1976 Ihre persönlichen familiären Verhältnisse aus?

 

Lolín Rigoni
Ich war verheiratet, wir hatten zwei Söhne und eine Tochter. Meine Kinder kamen in Bahía Blanca zur Welt, unser ältester Sohn im Jahr 1951, unser zweiter Sohn im Jahr 1953 und unsere Tochter 1963. Unsere Tochter ist das einzige Familienmitglied, das physisch gesehen noch am Leben ist. Mein Mann und meine beiden Söhne leben nicht mehr. Der älteste Sohn wurde krank und starb vor zehn Jahren und der andere wurde entführt und gefoltert und ist einer der desaparecidos.4

 

Daniel Stahl
Diskutierte man bei Ihnen zu Hause über politische Themen?

 

Lolín Rigoni
Mein Mann sympathisierte damals mit den Radikalen,5 was sich später mit den vielen Veränderungen und Problemen, die wir bekamen, ändern sollte. Im Laufe der Zeit zersplitterten sich die Parteien, wie sie es bis heute tun. Damals gab es ja die intransigentes,6 mit denen sich mein Mann sehr verbunden fühlte. Ich konnte mich ebenfalls gut mit ihnen identifizieren und stand ihnen auch durch persönliche Kontakte sehr nahe, der Partei trat ich aber nie bei. Ich wurde nie danach gefragt; es kam mir aber auch nicht direkt in den Sinn. Ausdrücklich haben wir also nie für die Partei gearbeitet. Gewählt aber haben wir immer links, das war Pflicht. Wir wollten, dass die Dinge im Kollektiv und eher anonym vonstattengingen, ich war nie eine große Anhängerin von einer an Persönlichkeiten orientierten Politik. Heute haben wir hier wieder ein ähnliches Problem.

Wir bei den Madres arbeiten ja auch nicht jede für sich und für ihr jeweiliges persönliches Problem. Vielmehr sind wir Teil eines großen Tuches,7 einer breiten Bewegung, die in ihrer Gemeinschaft stärker ist als in ihren Einzelteilen. Man blendet nicht zuletzt politische Differenzen aus, die wir zwischen den Madres haben, um unser Ziel nicht zu gefährden oder aus den Augen zu verlieren. Dieses Werkzeug des gemeinsamen Tuches ist die einzige Möglichkeit, die Arbeit der Madres so beharrlich weiterzuführen, wie wir es tun.

Mein jüngerer Sohn war Revolutionär. Wir sprachen zu Hause zwar über Politik, aber das alles war ja schon vor 40 Jahren, damals redete man nicht so, wie man es heute tut.

Daniel Stahl
Sprachen Sie mit Ihren Kindern über Politik?

 

Lolín Rigoni
Ja, wir sprachen zu Hause auf jeden Fall über Politik. Mein älterer Sohn war eigentlich nicht politisch aktiv. Der andere im Gegenteil war ein Revolutionär (schmunzelt). Die Jugend damals organisierte sich ja in verschiedenen Gruppierungen, die zum Teil sogar bewaffnet waren. Sie wurden Peronisten mit der Idee – ich würde sagen Utopie – den Peronismus eines Tages dem Sozialismus zuzuwenden. Das weiß ich allerdings lediglich aus Büchern, nicht weil ich mich damals selber an solchen Diskussionen beteiligte. Wir sprachen zu Hause zwar darüber, aber das alles war ja schon vor 40 Jahren, damals redete man nicht so, wie man es heute tut.

 

Daniel Stahl
Frau Ragni, wie war Ihre damalige private Situation? Hatten Sie Kinder, mit denen Sie über politische Themen sprachen?

 

Inés Ragni
Meine Hochzeit fand im Jahr 1953 statt, ich bin also seit 63 Jahren verheiratet. Und mein Mann lebt Gott sei Dank noch. Wir haben zwei Kinder. Unser erster Sohn wurde am 17. Mai 1955 geboren, unser zweiter Sohn am 7. Oktober 1958. Der ältere der beiden ist der desaparecido. Der jüngere ist verheiratet und hat zwei Töchter, die aber schon nicht mehr zu Hause wohnen. 

 

Ich kenne Beatriz8 seit vielen Jahren und weiß, dass wir sehr unterschiedliche politische Einstellungen haben. Ich respektiere und akzeptiere das, aber ich möchte auch, dass man meine Standpunkte und Meinungen akzeptiert. Die Madres der Hauptstadt sagten immer, dass wir keiner Partei beitreten und nicht wählen gehen sollten. Auf der einen Seite hatten sie damit vielleicht Recht, auf der anderen aber eben nicht. Ich glaube, dass sich jeder in seinem Leben für etwas entscheidet. Die Madres folgten damit bestimmten Prinzipien und für diese Prinzipien stehen wir bis heute ein.

 

Daniel Stahl
Waren Sie in der ersten Hälfte der siebziger Jahre politisch aktiv? Gingen Sie damals zu bestimmten politischen Veranstaltungen der Peronisten oder der Radikalen?

 

Inés Ragni
Von klein auf war ich Anhängerin des radicalismo und Mitglied der Partei, genauso wie unsere Mitstreiterin Beba Mujica und ihr Ehemann, der damals Senator für die Partei war. Mein Vater war auch schon in der Partei und es kamen oft Leute zu uns nach Hause, um über diese Ansichten zu diskutieren. Für mich als junges Mädchen war das immer sehr spannend. Zu dieser Zeit gab es ja nur zwei Parteien: die Radikalen und die Konservativen. Da gab es ja nicht mehr. Vor allem hörte ich gerne zu, das änderte sich im Laufe der Jahre auch nicht. Ich ging zu verschiedenen Kundgebungen der Radikalen in der Hauptstadt und hörte dort Balbín9 und Alfonsín10 reden.

Selber politisch aktiv wurde ich erst, als die Entführungen begannen und uns die Madres der Hauptstadt dazu einluden, Teil ihrer Organisation zu werden. Trotz ihrer Vorgaben und Prinzipien aber trat ich nicht aus der Partei aus.

Irgendwann einmal besuchten einige Senatoren aus Buenos Aires die Asamblea Permanente por los Derechos Humanos hier in Neuquén.11 An der Veranstaltung nahm ich als Angehörige eines desaparecido teil. Kurz zuvor waren einige Madres in Buenos Aires verhaftet worden und als ich im Rahmen dieser Veranstaltungen einen der Senatoren, der bei den radicales war, darauf ansprach, dass er sich doch für deren Freilassung stark machen solle, meinte er nur abfällig: »Ach, die sind doch eh vom Movimiento al Socialismo.«12 Ich erwiderte entsetzt, dass diese Frauen doch Menschen seien und sich bei den Madres für den Schutz der Menschenrechte einsetzten. Und als er wieder uninteressiert abwinkte, blieb ich stehen und sagte ihm, dass ich aus der Partei austreten und nie wieder eintreten würde. Für mich gab es keinen Grund, jemanden wegen seiner linken politischen Einstellung nicht aus dem Gefängnis zu holen.

 

Erst als Alfonsín eines Tages nach Neuquén kam, besuchten wir ihn als Ehepaar und er war ein so zuvorkommender toller Gastgeber. Er versprach uns damals so viel, was der Arme nie einhalten konnte. 

 

Daniel Stahl
Welche politischen Kontakte pflegten Ihre Kinder?

 

Inés Ragni
Mein zweiter Sohn war nie sonderlich politisch interessiert. Der ältere aber, der verschwunden ist, gehörte zur Studentenvertretung der Universidad Nacional de La Plata. Ich weiß allerdings nicht, ob er zu einer politischen Gruppe gehörte. Davon hat er nichts erzählt. Er hatte viele Freunde, mit denen er sich oft an unterschiedlichen Orten traf. Von einer Schülerin in Bariloche erfuhr ich eines Tages, dass sie ihn bei einer Veranstaltung an der Universität kennengelernt hatte. In dem Moment dachte ich mir nichts dabei. Erst mit den Jahren erfuhr ich, dass all seine Freunde militantes waren und dass er es wahrscheinlich auch gewesen ist. Ich weiß es zwar nicht, aber ich gehe davon aus, dass er dort auf irgendeine Weise aktiv war und dass sie ihn deswegen auch mitgenommen haben. Er war auf jeden Fall Teil der Studentenvertretung der Fakultät für Architektur und dort sehr engagiert. Er und seine Freundin organisierten Geburtstagsfeiern. Nun ja, und hier bin ich und warte.

Wir als die Madres aber suchen nicht jede für sich ihren Sohn. Viele von uns sind mittlerweile verstorben oder erhielten nicht die familiäre Unterstützung für ihre Arbeit, wie es bei uns der Fall war. Viele Familien wollten nichts mit den Madres zu tun haben, weil sie Angst hatten. In der Organisation der Madres de la Plaza de Mayo steht jede einzelne aktive Mutter für alle 30.000 verschwundenen Kinder. Wir arbeiten als große Gruppe zusammen und beenden das Engagement nicht, sobald wir unser Kind wiedergefunden haben. Wir suchen gemeinsam nach allen Verschwundenen. Egal, ob wir sie kennen oder nicht, ob sie bei den Kommunisten, den Peronisten oder den radicalistas waren, wir wollen einfach wissen, wo sie sind.

Eigentlich wollen wir als Madres ja nicht von unseren eigenen Söhnen sprechen, aber das hier ist etwas Besonderes und steht ja auch stellvertretend für etwas, was so viele Mütter durchgemacht haben.

Daniel Stahl
Frau Rigoni, erinnern Sie sich an Ihre erste Reaktion am 24. März 1976? Was waren Ihre ersten Gedanken, als Sie vom Militärputsch erfuhren, also noch bevor das mit Ihrem Sohn geschah?

 

Lolín Rigoni
Naja, mein Sohn Roberto war ja schon lange vor dem Militärputsch ein militante und wurde bereits als 15jähriger das erste Mal verhaftet, weil er Plakate aufgehängt hatte. Ich weiß bis heute, was auf diesen Plakaten stand: »Libertad a Camps y Maestre!«13 Damals wusste ich noch nicht, wer die beiden waren. Heute weiß ich, dass es dabei um das Massaker von Trelew ging, bei dem im Jahr 1972 politische Häftlinge im Gefängnis getötet wurden. Und die beiden waren zwei dieser politischen Gefangenen. Eine grausame Geschichte, für die es keine Entschuldigung gibt.

Als er fünfzehn Jahre alt war, mussten wir Roberto also das erste Mal aus dem Gefängnis abholen. Er hatte einfach das Bedürfnis, seine Solidarität mit den beiden zum Ausdruck zu bringen, erklärte er uns hinterher. An Weihnachten 1975 durchsuchten sie schließlich das erste Mal unser Haus nach ihm. Sie suchten ihn also bereits vor dem Militärputsch. Mein Sohn hatte damals mit 21 Jahren seine 17-jährige Freundin geheiratet (schmunzelt). Die beiden waren zusammen so voller Hoffnung, Träume, Energie und Liebe. Sie hatten schon einen Sohn, als sie in den Untergrund gingen. Nora blieb die ersten Monate noch hier in Neuquén und ging dann schließlich auch nach Bahía Blanca, um dort mit ihm unterzutauchen. Wir wussten nie, wo genau sie wohnten. Sie versuchten immer, uns zu beruhigen, dass schon nichts passieren werde, aber naja. Und so vergingen zwei Jahre. 

Eigentlich wollen wir als Madres ja nicht von unseren eigenen Söhnen sprechen, aber das hier ist etwas Besonderes und steht ja auch stellvertretend für etwas, was so viele Mütter durchgemacht haben. Mein Sohn ging erst nach Buenos Aires und später nach La Plata, bis wir schließlich wirklich nicht mehr wussten, wo er war. Er wollte uns nicht mehr erzählen, wo sie sich befanden, weil er meinte, dass sie uns nach ihm fragen würden. Er sagte: »Sie werden merken, wenn du sie anlügst und dann werden sie meine Schwester umbringen.« Und tatsächlich gibt es so schreckliche Fälle, das kann man sich gar nicht vorstellen. Emilia zum Beispiel verriet ihren Sohn, weil sie damit drohten, ihre Schwiegertochter und ihre beiden Enkel umzubringen. Wie soll man mit so etwas weiterleben? Der Schmerz, den die Diktatur mit sich brachte, war und ist enorm.

Mein Sohn verschwand am 16. April 1977. Mein Mann und ich aber fuhren noch im Jahr 1978 nach La Plata in der Hoffnung, ihn dort zwischen all den Menschen wiederzufinden. Und wie Inés schon erzählt hat, entstanden die Madres aus persönlichen Notlagen heraus. Erst später entwickelte sich daraus ein gemeinsames Projekt, in dem sich die Mutterschaft organisierte. Wir schlossen uns nicht von jetzt auf gleich zusammen, das brauchte Zeit. Als mein Sohn in Buenos Aires verschwand, schrieb ich monatelang Briefe an den »hochverehrten Präsidenten Videla«14 und stieß dabei auf eine Mauer des Schweigens. Niemand sprach mit uns.

 

Daniel Stahl
Wann begegneten Sie zum ersten Mal jemandem, der dasselbe erlebt hatte wie Sie?

 

Lolín Rigoni
Die ersten waren Inés und Adelina, weil deren Kinder schon früher verschwanden. Roberto verschwand im Jahr 1977, Inés Sohn schon im Jahr 1976. 

 

Daniel Stahl
Frau Ragni, wie erlebten Sie persönlich den Tag des Militärputsches? Was waren Ihre ersten Gedanken an dem Tag?

 

Inés Ragni
Tatsächlich dachte ich mir im ersten Moment überhaupt nichts Schlimmes. Es war eines dieser Dinge, die man nebenher im Radio hörte. Die Militärputsche waren damals in Argentinien ja etwas sehr Normales. Bei diesem Putsch aber unterstützten sogar die Vorsitzenden der Kirche und die großen Unternehmen die Militärs. Wir lasen in der Zeitung von all diesen Geschehnissen, gaben ihnen aber keine große Bedeutung.

 

Daniel Stahl
Wie war es für Sie als jemand, der in einer kirchlichen Einrichtung arbeitete, dass die Vorsitzenden der Kirche den Putsch unterstützten? 

 

Inés Ragni
Die Kirche hier in Neuquén war ja eine andere Welt. Auf lokaler Ebene waren viele Bischöfe gegen die Diktatur. Der Bischof von La Rioja wurde von den Militärs getötet.15 Nur die Spitze der Kirche unterstützte den Putsch. Auch der Bischof von Neuquén, Monseñor De Nevares, war ein entschiedener Gegner der Militärs. Er half, wo er nur konnte und versteckte viele Menschen, bis sie aus dem Land fliehen konnten. Niemals, niemals, niemals wäre uns in den Sinn gekommen, dass eine derartige Grausamkeit geschehen würde. Mein Sohn verschwand am 23. Dezember 1976, einen Tag vor Heilig Abend. Das war wie eine harte Bestrafung für die gesamte Familie. 

 

Daniel Stahl
Hatten Sie davor schon gehört, dass Menschen verschwanden, oder war es das erste Mal, dass Sie davon etwas mitbekamen?

 

Inés Ragni
Nein, das war das erste Mal. Damals sprach man ja auch noch nicht von »Verschwundenen«. Im ersten Moment denkt man sich ja auch nicht, dass jemand für immer verschwunden bleibt. Man wundert sich und findet es eher seltsam, dass er sich so gar nicht mehr meldet. 

Als er nach La Plata ging, um zu studieren, las ich jeden Tag die Zeitung. Ich erfuhr, dass sie regelmäßig mit Lastwägen vor die Fakultäten fuhren, um die Studierenden abzutransportieren.16 Ich mahnte ihn zwar immerzu, dass er deswegen vorsichtig sein solle. Letztendlich hätte ich aber niemals damit gerechnet, dass es ihn eines Tages tatsächlich auch treffen würde. Ihn entführten sie ja auch von Neuquén aus, als er für die Weihnachtsfeiertage nach Hause kam.

Ich hatte damals seit 1970 ein kleines Geschäft mit einer Poststelle, über die die Menschen Briefe verschicken und erhalten konnten. Hauptsächlich baute ich das Geschäft auf, um meinen Söhnen jeden einzelnen Tag schreiben zu können, als sie zum Studieren in eine andere Stadt gingen. Als sie in den Zeitungen immerzu von den Entführungen der Studenten berichteten, stand ich nur erschrocken und staunend davor und fragte mich, wie die Familien mit diesen Schicksalsschlägen nur fertig werden sollten. Und eines Tages traf es dann eben auch unsere Familie, wie so viele andere Familien aus Neuquén auch. 

Die Tochter von Adelina Pifarré, eine andere der Madres, die auch als Ehrenamtliche arbeitete, verschwand am 9. Juni 1976. Ich kannte sie nur vom Sehen, als sie eines Tages auch an einem der Dienstagstreffen mit dem Bischof teilnahm, die damals wöchentlich in einem Gemeinderaum unserer Kirche stattfanden. Dort konnte jeder hinkommen, um von seinen Problemen zu erzählen. Und so lernte ich eben Adelina und Feliciana Pichurmán kennen. Letztere hat zwei Söhne, die verschwunden sind. Sie kam jeden einzelnen Dienstag zu diesen Treffen. 

Der Bischof De Nevares rief im Jahr 1975 die Asamblea Permanente por los Derechos Humanos von Neuquén ins Leben – in Buenos Aires gab es eine solche Organisation zu dem Zeitpunkt schon seit Längerem. Diese Asamblea gibt es bis heute. Monseñor De Nervares lud damals Leute ein, von denen er wusste, dass sie politisch interessiert und engagiert waren. Er war ein sehr, sehr kluger Mann, der damals schon bemerkte, was im Land passieren könnte beziehungsweise passieren würde. Relativ schnell etablierte sich die Regel, dass nicht mehr als zwei Personen einer Partei in der Asamblea sitzen sollten. Und so wurde ich Teil dieser Vereinigung.

Die Asamblea Permanente por los Derechos Humanos war wie eine Anlaufstelle für Menschen mit großen Problemen, die nicht wussten, an wen sie sich damit wenden konnten. Monseñor De Nevares schaffte es damals, uns weiterhin Hoffnung und Kraft zu geben.

Daniel Stahl
Wie sah Ihre Arbeit in der Asamblea aus?

 

Inés Ragni
Die Asamblea war wie eine Anlaufstelle für Menschen mit großen Problemen, die nicht wussten, an wen sie sich damit wenden konnten. Weder die Polizei, noch das Militär oder das Fernsehen konnten oder wollten uns damals helfen. Sie vertrösteten uns immerzu damit, dass unsere Söhne wahrscheinlich lediglich für einen kurzen Ausflug ans Meer weggefahren wären oder ähnliches. Lediglich der Monseñor schaffte es damals, uns weiterhin Hoffnung und Kraft zu geben. Eines Tages kam auch Lolín zu diesen Treffen und nach und nach kamen immer mehr Menschen aus anderen Dörfern und Städten, um zu berichten, was ihnen und ihren Angehörigen passiert war. Monseñor De Nevares setzte dann in der Regel verschiedene Briefe auf und kümmerte sich soweit es ging um die jeweiligen Fälle. 

 

Im Jahr 1977 fuhren wir als Asamblea gemeinsam mit dem Bischof zu General Videla, dem damaligen Präsident und schlimmsten Mörder der Welt. Wir baten um eine Anhörung, er empfing uns aber nicht. Wir waren eine sehr große Gruppe, die damals zum Sitz der Regierung fuhr: Viele Angehörige von Desaparecidos,17 Monseñor De Nevares, der spätere Friedensnobelpreisträger Adolfo Pérez Esquivel.18 Weil sie uns aber nicht hinein ließen, übergaben wir ihnen einen Brief, den wir verfasst hatten und fuhren wieder nach Hause.

Im Rahmen dieser Aktion lernten wir Frau de Bonafini kennen, die uns zu einem ihrer Treffen einlud.19 In Buenos Aires trafen sich die Madres ja schon seit längerer Zeit heimlich an verschiedenen Orten. Von da an schauten wir immer mal wieder bei dieser Gruppe der Madres vorbei, wenn jemand von uns mal in die Hauptstadt fuhr.

 

Und so arbeiten wir seit nun vierzig Jahren – und wir werden definitiv weitermachen. Uns ist es ganz egal, was die Leute über uns sagen. Wir werden weitermachen und zu jeder einzelnen Gerichtsverhandlung gehen, die in der Sache stattfindet. Auch wenn unsere Freunde und Nachbarn nicht verstehen, dass wir noch immer nach unseren Kindern suchen, obwohl wir doch wissen müssten, dass sie tot sind. Ich will von einem Gericht hören, dass sie meinen Sohn umgebracht haben. Ich will, dass jemand von der Polizei oder vom Militär vor einem Richter aussagt, dass sie meinen Sohn umgebracht und wo sie ihn begraben haben. Aber niemand spricht. Bei der ersten Gerichtsverhandlung wurden acht Personen zu langen Haftstrafen verurteilt. Ich bin davor noch nie bei einer solchen Verhandlung dabei gewesen, ich wusste nicht, wie das ablaufen würde. Ich kannte das nur aus Filmen. Und im Vorfeld wusste ich nicht, ob ich wirklich würde aussagen müssen, bis ich schließlich tatsächlich aufgerufen wurde. 

 

Daniel Stahl
Frau Rigoni, wie kam es dazu, dass Sie sich der Gruppe um Bischof De Nevares anschlossen?

 

Lolín Rigoni
Bei mir war das alles etwas anders, weil ich schon im Vorfeld irgendwie spürte, dass meinem Sohn etwas zustoßen würde. Die Generation meines Sohnes ging sehr rücksichtsvoll mit ihren Eltern um. Ich habe erst im Nachhinein begriffen, dass sie uns damals nicht erzählten, was sie vorhatten, um uns Sorgen und Kummer zu ersparen. Damals dachten wir, dass sie das aus Überheblichkeit uns gegenüber taten, aber nein, es war ganz anders. Das habe ich erst viele Jahre später verstanden. Manche Paare wollten damals keine Kinder bekommen, weil sie wussten, welche Gefahren damit verbunden waren. Sie waren sich der Risiken damals schon sehr bewusst, an den Tod aber glaubten sie nicht. Ich hatte das Privileg, dass mein Sohn viel mit mir redete. Ich glaube nur, dass ich ihn damals nicht richtig verstand. Ich las damals ja auch jede Woche sehr aufmerksam im Guerrillero über den Operativo Independencia, dem Kampf der Regierung gegen die Guerilla von Tucumán.20 Und wenn ich meinen Sohn davor warnte und meinte, sie würden ihn noch umbringen, dann antwortete er nur: »Mama, ich glaube nicht an den Tod. Wir sind uns so sicher, in dem was wir tun, da denken wir nicht an den Tod.« Heute verstehe ich, was er damit meinte. Selbstverständlich vermisse ich ihn sehr, vor allem wenn ich seinen Bruder sehe mit seinen beiden Töchtern. Aber er wird niemals in Vergessenheit geraten. Ein Vergessen gibt es für uns nicht. 

Damals konnte es ja auch jeden treffen, egal ob man politisch aktiv oder engagiert war, ob man Kinder und Familie hatte. Das spielte letztendlich eigentlich eine gar nicht allzu große Rolle. Und insofern war ich mir immer dessen bewusst, dass das meinem Sohn durchaus passieren konnte. Als es dann auch wirklich geschah, wandte ich mich an Monseñor De Nevares, der mich wiederum zu Monseñor Grasselli in Buenos Aires schickte, damit der mir half. Damals fuhr ich also meistens ganz alleine nach Buenos Aires zu den Treffen mit Grasselli, um mit ihm den Fall zu besprechen. Ganz alleine fuhr ich meistens, ganz alleine. Das nahm so viel Zeit, Geld und Kraft in Anspruch, dass ich schließlich auch meine Arbeitsstelle kündigte. Beides hätte ich gleichzeitig einfach nicht machen können. 

 

Als ich in Buenos Aires zu Grasselli ging, waren dort so viele so verzweifelte Frauen, die ununterbrochen weinten. Ich kann sehr emotional werden, aber ich verstehe nicht zu weinen. Grasselli war bekannt für seine Sammlung von Kartei-Karten mit Namen von Verschwundenen und Verhafteten. Die Leute dort fanden den Namen meines Sohnes nicht auf ihrer Liste und vertrösteten mich auf die nächste Woche, wenn eine neue Liste zusammengestellt würde. So ging man immer mit einer kleinen Hoffnung nach Hause. Ich schrieb regelmäßig direkt an die Regierungsmitglieder. Ich rannte förmlich mit den fertigen Schreiben zum Briefkasten in dem Glauben, je früher der Brief ankam, desto besser stünden die Chancen, dass mein Sohn freigelassen würde.

Anfangs trafen sie die Mütter der Verschwundenen ja lediglich versteckt und möglichst unauffällig, um über ihre Erfahrungen zu sprechen. Eines Tages aber beschloss man, sich offensiv öffentlich zu zeigen und sich als Gruppe direkt an den Präsidenten zu wenden. Mein Gott, wie naiv wir damals waren! Wir wollten zum Präsidenten gehen, damit er uns selber die Wahrheit sagte. Und so entstand nach und nach die Organisation der Madres. Bei der ersten Protestaktion gingen wir Arm im Arm gegen den Uhrzeigersinn auf dem Platz21 im Kreis – wie die Mapuche-Indianer. 

Unsere Kinder wurden damals als subversivos und Mörder bezeichnet, den Begriff Terroristen nutzte man damals noch nicht. Ihnen wurde vorgeworfen, sich in den bewaffneten Kampf begeben zu haben. Dabei wusste ich doch viel besser aus den Erzählungen meines Sohnes und seiner Freunde, dass dieser Kampf um Unabhängigkeit doch ganz anders verlief. Viele von ihnen sind verschwunden, andere hatten das (zögert), ja, Glück, lediglich gefangen genommen worden zu werden. Der beste Freund von Roberto war der Sohn eines Generals, und auch er gehört zu den desaparecidos. Mir konnten weder der Monseñor noch Don Felipe helfen, keiner der beiden hat etwas ausrichten können. Der Sekretär Don Juan San Sebastián empfahl mir schließlich, zu einem dieser Dienstagstreffen der Gruppe in Neuquén zu gehen.

 

Daniel Stahl
Den ersten Kontakt mit den Madres aber hatten Sie in Buenos Aires?

 

Lolín Rigoni
Nein, zuerst lernte ich Inés und die anderen kennen. Hier in Neuquén waren wir ja von Beginn an etwa zwanzig Madres.

 

Daniel Stahl
Wie formierte sich hier in Neuquén die Gruppe der Madres de la Plaza de Mayo?

 

Inés Ragni
Anfangs gehörten wir noch nicht zur Organisation der Madres, wir arbeiteten unter dem Namen Familiares22 im Rahmen der Asamblea Permanente por los Derechos Humanos. Allerdings pflegten wir bereits Kontakte mit den Madres in Buenos Aires und so wurden wir zur Eröffnung ihres Hauptsitzes am 30. April 1977 eingeladen. Damals wurden wir offiziell in die landesweite Organisation der Madres aufgenommen. Im Jahr 1982 schließlich bildeten wir eine unabhängige Gruppe der Madres von Neuquén und Alto Valle, um nicht mehr alles mit der Dachorganisation absprechen und ausdiskutieren zu müssen. Wir waren damals die erste unabhängige Unterorganisation der Madres in ganz Argentinien und wir arbeiten seitdem sehr, sehr viel. Mit den Madres der Hauptstadt sind wir aber weiterhin zu vielen verschiedenen Veranstaltungen gereist.

 

Daniel Stahl
Ab wann gab es diese Kontakte zu Unterstützern ins Ausland?

 

Inés Ragni
Das begann in etwa im Jahr 1978. 

María Beatriz Gentile
Viele dieser Verbindungen entstanden nicht zuletzt über im Exil lebende militantes. Über sie erhielten wir mitunter mehr Informationen, als wir im Inland hätten erhalten können. Damals gab es insgesamt bis zu fünfzehn Unterstützergruppen der Madres, mittlerweile sind es wieder weniger geworden.

Von da an trauten wir uns auch, auf die Straße zu gehen und verschiedene Aktionen zu starten.

Daniel Stahl
Lassen Sie uns noch über einen letzten Themenblock sprechen: Wann kam hier in Neuquén zum ersten Mal die Thematik möglicher Gerichtsverfahren gegen die Militärs auf? Ab wann wurde das in Betracht gezogen?

 

Inés Ragni
Im Prinzip forderten wir eine gerichtliche Verurteilung von Beginn unserer Arbeit an. Bereits auf unserem ersten Plakat, das ein Mitglied der Asamblea gestaltete, forderten wir dies ein. Zu zwanzigst gingen wir damit am 14. August 1980 zum Rathaus, um es aufzuhängen – wie dumm von uns. Auf dem Plakat stand: »Pedimos justicia« – wir fordern Gerechtigkeit. Von da an trauten wir uns auch, auf die Straße zu gehen und verschiedene Aktionen zu starten.

 

Daniel Stahl
»Wir fordern Gerechtigkeit« kann ja viele Bedeutungen haben. Meinten Sie damit schon damals, dass die Beteiligten vor Gericht gestellt gehörten?

 

Inés Ragni
Ja, wir haben von Anfang an offen gefordert, dass all die Mörder, Folterer und Verräter gerichtlich verurteilt werden müssen.

 

Lolín Rigoni
Dabei muss man allerdings etwas differenzieren. Ab dem Zeitpunkt der ersten Entführungen leitete die Asamblea um Noemi Labrune eine selbständige Untersuchung ein. Wer waren diese Verbrecher? Man brauchte ja Informationen, um ein Gerichtsverfahren einleiten zu können. Und 1984 hatte die Asamblea alle notwendigen Voraussetzungen für ein solches Verfahren beisammen – inklusive der Namen der Unterdrücker und verschiedener Zeugen. Aber was geschah dann? Alfonsín verabschiedete die zwei Gesetze des punto final und der obediencia debida.23Alle Arbeit brach wieder in sich zusammen. Erst als die drei Gewalten der Exekutive, der Legislative und der Judikative wieder geteilt wurden, wurden diese beiden Gesetze annulliert und die Gerichtsverfahren erneut in Angriff genommen.24

 

Im Vorfeld gab es bereits verschiedene Wahrheitskommissionen in La Plata, die viele Fakten und Daten ans Licht brachten. Doch weder sprachen die Aggressoren von damals vor einer dieser Kommissionen, noch wurde einer von ihnen dort gerichtlich verurteilt.25 Wir wussten damals bereits sehr viel durch die Kleinstarbeit, die wir gemeinsam Stück für Stück mit der Kooperationsbereitschaft vieler Menschen vorantrieben. 

Als die Gerichtsverfahren schließlich begannen, war das für uns etwas sehr Emotionales. Bei einem der ersten Verfahren sagte Dora Ceguel aus, die zum Zeitpunkt der Verbrechen erst 16 Jahre alt gewesen war. Sie konnte nach all den Jahren die Person, die nun tatsächlich wieder vor ihr saß, hinter Gitter bringen. In dieser Hinsicht war Neuquén sehr stark. Viele Menschen kooperierten mit uns.

 

Daniel Stahl
Waren Sie beide persönlich bei der Recherche der verschiedenen Daten beteiligt?

 

Inés Ragni
Ja, die Informationen begannen wir bereits während der Diktatur zu sammeln. Noemí Labrune von der Asamblea engagierte sich in der Hinsicht ganz besonders. Wenn sie irgendwie irgendwas von einem Unterdrücker erfuhr, fuhr sie hin, um mehr zu erfahren, egal ob es in La Plata, Tucumán oder in Patagonien war. Diese Informationen erhielt sie oftmals von den im Exil lebenden Argentiniern. Sie arbeitete und arbeitet bis heute sehr, sehr viel für die Gerichtsverfahren. 

 

Lolín Rigoni
Ja, das muss man wirklich betonen. 

 

Inés Ragni
Als die Gerichtsverfahren schließlich anliefen, hatte sie alles bereits vorbereitet. 

 

Lolín Rigoni
Man muss hinzufügen, dass während der Diktatur auch viele Anwälte zu den Verschwundenen gehörten. Zum Beispiel der Bruder meiner Schulfreundin in Buenos Aires. Als ich ihn einmal aufsuchen wollte, hieß es, er sei am Tag zuvor verschleppt worden. Er hatte Familie – das kann man einfach nicht begreifen. Wenn die Diktatur eines geschafft hat, dann ist es, Angst zu verbreiten. Und leider ist die Angst ein Machtmittel, das die da oben eben manchmal nutzen. Angst zu verbreiten vor dem, was bereits so vielen anderen Menschen schon passiert ist. Der Film La noche de los lápices26 zeigt das sehr anschaulich. Er handelt von Schülern, die sich an einer Universität bewerben, und zeigt damit reale Geschehnisse verpackt in einem Spielfilm.

 

Inés Ragni
Diese Radioanstalt, in der wir uns hier gerade treffen, haben wir Madres damals gemeinsam mit Monseñor de Nevares ins Leben gerufen. Wir haben eine Unterstützergruppe von jungen Leuten, mit denen wir Madres gemeinsam Veranstaltungen und Aktionen organisieren. Eines Tages veranstalteten wir ein Treffen aller ehemaligen politischen Häftlinge. Unter anderem kam ein Ehepaar, von dem die beiden Partner jeweils acht Jahre in Gefangenschaft gelebt hatten. Bis zum heutigen Tag frage ich mich: »Wieso? Wieso mein Sohn?« Und als ich dem Ehepaar erklärte, dass ich einfach nicht wisse, zu welcher politischen Partei oder Organisation mein Sohn gehört habe oder ob er überhaupt Teil einer solchen war, erklärte sie mir, dass er mir das bestimmt nur nicht erzählt hatte, damit ich mir keine Sorgen um ihn machte. Das rührte mich damals sehr, zu hören, dass die meisten der jungen Leute ihren Eltern damals nichts von ihren politischen Aktivitäten erzählten, um ihnen nicht weh zu tun. Und ich glaube auch, dass das so gewesen sein muss. Selbst seine besten Freunde erzählen mir bis heute nichts, weil sie wahrscheinlich immer noch Angst haben. 

 

Ich lebte damals für meine Kinder. Mein Mann ging arbeiten und ich kümmerte mich zu Hause um unsere Kinder. Ich brachte sie immer überall hin, ließ sie eigentlich nie alleine irgendwo hingehen. Wieso passiert dann ausgerechnet mir all das? Wieso? Bis heute habe ich dafür keine Erklärung.

Wir haben es als Minderheit geschafft, die Kämpfe einzelner Mütter in einen sozialen und politischen Kampf zu verwandeln.

Daniel Stahl
Welchen Einfluss hat der Aspekt des Mutterseins auf Ihre Arbeit? Sie erklärten ja bereits, dass Sie anfangs als Familiares, also gemeinsam mit anderen Familienangehörigen, in einer Gruppe der Asamblea arbeiteten. Wie wurde Ihre Abspaltung von dieser Arbeitsgruppe aufgenommen und wie engagierten sich die übrigen Mitglieder der Familiares hinterher?

 

Inés Ragni
Die Abspaltung stellte damals gar kein Problem dar.

 

Lolín Rigoni
Sie war an sich ja auch keine so strikte Trennung. Die Distanzierung der Madres von Neuquén von den Madres aus Buenos Aires war da schon bedeutender, weil wir in der Sache sehr unterschiedliche Standpunkte vertraten. Wir gehören zwar noch immer zum Dachverband, arbeiten aber vollkommen unabhängig von ihm als regionale Anlaufstelle von Neuquén und Alto Valle. 

Eines aber ist sehr wichtig festzuhalten: Wir haben es als Minderheit geschafft, die Kämpfe einzelner Mütter in einen sozialen und politischen Kampf zu verwandeln, der ausschließlich mit dem symbolischen Mittel des Kopftuches geführt wird. Gemeinsam mit vielen Unterstützern kämpfen wir gegen das Vergessen, gegen die Gleichgültigkeit, gegen das willentliche Vergessen.

 

Daniel Stahl
Den Namen der Madres also gaben Sie sich damals im Rahmen des offiziellen Zusammenschlusses mit den Madres aus Buenos Aires?

Inés Ragni
Ja, die Madres in Buenos Aires gab es schon, als wir uns ihnen anschlossen. Viele Mütter engagierten sich damals gemeinsam mit ihren Ehemännern und dem Rest der engsten Familie für die verschwundenen Kinder. Der weitere Kreis der Familien hielt sich meistens aus dieser Arbeit heraus. Unsere beiden Ehemänner aber waren auch immer sehr aktiv. Mein Mann ist bis heute mit seinen 86 Jahren ein engagierter Menschenrechtsaktivist. Wir haben beide unsere jeweiligen Standpunkte und können die miteinander ausdiskutieren.

 

Lolín Rigoni
Als wir uns damals unabhängig von der Dachorganisation machten, wurden wir vollkommen isoliert, weil wir andere politische Standpunkte vertraten, als die Madres in Buenos Aires. Wir erhielten zum Teil nicht mal mehr Antworten auf unsere Briefe und Anfragen. Als wir einmal versuchten, ein Treffen zu vereinbaren, hieß es nur, dass es dafür kein Geld gebe und damit hatte sich die Sache dann erledigt. Das war ungefähr im Oktober 2004. Zuvor war eine Ausgabe der Zeitung der Madres mit dem Konterfei von Kirchner erschienen – ohne uns auch nur danach gefragt zu haben. Diese Form des politischen Engagements für eine bestimmte Partei entsprach einfach nicht unseren Überzeugungen. Bis heute gibt es zwei Strömungen innerhalb der Organisation, die der Gründerinnen Nora Cortina und Tati Almeida und die um Hebe de Bonafini.27

 

Lolín Rigoni
Wir reden schon seit vielen, vielen Jahren kein Wort mit den Madres aus Buenos Aires. Sie antworten uns ja nicht auf unsere Briefe und Anfragen. Nie ist Geld da, damit sie uns hier mal besuchen kommen oder damit wir nach Buenos Aires fahren.

 

María Beatriz Gentile
Aber eigentlich sollte man sich mal wieder an einen Tisch setzen. Wie wäre es, wenn ich ein Treffen arrangiere?

 

Lolín Rigoni
Es wäre so schön, die alte Hebe zurückzuholen. Ich habe so viel von ihr gelernt. Einige Eigenheiten habe ich von ihr übernommen, die ich bis heute nicht losgeworden bin. Bis heute vertreten alle Generationen der Madres ihre Grundsätze. Sie hatte eine Vision.

 

Inés Ragni
Sie ist eine sehr intelligente Frau, die eigentlich keine richtige Ausbildung hat. Die Schule hat sie nur bis zur sechsten Klasse besucht.

 

Lolín Rigoni
Das Wichtigste war und ist, dass die Madres unter ihrer Führung unabhängig waren. Und das ist mir persönlich auch bis heute sehr, sehr wichtig. Alle zwei bis drei Monate versammelten sich alle Unterorganisationen der Madres, die Hin- und Rückfahrt wurde immer bezahlt. Diese Unabhängigkeit im Wort, in unseren Aktionen und in wirtschaftlicher Hinsicht hat sie uns beigebracht. Das aufrechtzuerhalten ist ziemlich schwierig. Unser Versammlungshaus ist kaum größer als dieser Raum hier, aber das ist ja egal. Dafür ist es voll von Liebe und Erinnerungen. Dort leben wir unsere Gemeinschaft. Wir haben auf jeden Fall sehr viel von ihr gelernt und mich schmerzt es so sehr, dass die Dinge so gekommen sind, wie sie gekommen sind.

 

Übersetzt aus dem Spanischen von Laura Krauss.
Redigiert von Louisa Reichstetter.

Zitation

Lebensgeschichtliches Interview mit Inés Ragni und Lolín Rigoni, 10.03.2016, in: Quellen zur Geschichte der Menschenrechte, herausgegeben vom Arbeitskreis Menschenrechte im 20. Jahrhundert, URL: www.geschichte-menschenrechte.de/madres-de-la-plaza-de-mayo.

  1. Ehrenamtliches, soziales Engagement mit politischem Anspruch
  2. Die Tercer mundistas (Dritte Weltler) hießen offiziell Movimiento de Sacerdotes para el Tercer Mundo. Sie waren eine Bewegung innerhalb der katholischen Kirche Argentiniens, die nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil 1967 und bis zum Beginn der Militärdiktatur 1976 gezielt in Armenvierteln agierte und politisch meist links gerichtete Priester anzog.
  3. Kleiner Sonnenstrahl
  4. Die Verschwundenen – rund 30 000 Menschen, die während der Militärdiktatur verhaftet und verschleppt wurden, ohne dass sich ihr genaues Schicksal je geklärt hätte.
  5. Die Unión Cívica Radical (UCR) ist eine traditionsreiche linksliberale Partei. Zugleich hat sie sich insbesondere in jüngster Vergangenheit mehrfach gespalten. Um 1970 konnte man ihre politischen Ziele wohl als mit der deutschen Sozialdemokratie vergleichbar beschreiben, wenngleich es innerhalb der Partei zwei rivalisierende Strömungen gab (siehe Fußnote 6).
  6. Die intransigentes (Kompromisslosen) waren eine Strömung innerhalb der UCR, die Koalitionen mit den Peronisten durchaus befürwortete, während die unionistas sich einer solchen Zusammenarbeit strikt verweigerten.
  7. Diese Formulierung spielt auf das Erkennungssymbol der Madres an, die bei ihren Runden um die Plaza de Mayo stets ein weißes Kopftuch tragen und es auch zum Emblem ihrer Organisation machten.
  8. Gemeint ist Beatriz Gentile, die das Gespräch vermittelt und währenddessen anwesend war.
  9. Ricardo Balbín (1904 – 1981) war ein führender Politiker der UCR und zwischen 1953 und 1973 viermal deren Kandidat für das Präsidentenamt.
  10. Raul Alfonsín (1927-2009), war ebenfalls ein Politiker der radikalen Partei und von 1983 bis 1989 der erste demokratische Präsident Argentiniens nach der Militärdiktatur.
  11. Die Asamblea Por Los Derechos Humanos war im Dezember 1975 in Buenos Aires in Reaktion auf die Terrorakte gegründet worden, die von der sogenannten Antikommunistischen Allianz Argentiniens an linken Aktivisten begangen wurden. Ein halbes Jahr später gründete Bischof Jaime de Nevares eine Zweigstelle in Neuquén. Er reagierte damit auf die zunehmende Repression staatlicher Sicherheitsorgane in Form willkürlicher Verhaftungen, Entführungen und Folter. Unter dem Dach der Asamblea formierten sich weitere Gruppen: die Comisión de Familiares de detenidos-desaparecidos y detenidos por razones políticas y gremiales (1977) und die Madres de la Plaza de Mayo (1978).
  12. Movimiento al Socialialismo, eine in den achtziger Jahren nicht unbedeutende linkspolitische Bewegung mit trotzkistischen Idealen.
  13. Alberto Camps und Eusebio Maestre waren zwei junge Marxisten, die bereits während der Militärherrschaft ab 1966 als Oppositionelle verhaftet worden waren. 1972 befanden sie sich sie unter den 25 Gefangenen, die aus dem Gefängnis in Rawson flohen, jedoch in Trelew gestoppt wurden. 16 von ihnen wurden sofort erschossen – unter ihnen Maestre. Camps überlebte das sogenannte Massaker von Trelew, wurde aber erneut verhaftet und 1977 ermordet.
  14. Jorge Rafael Videla (1925-2013) führte die Militärjunta 1976 zum Putsch und war danach bis März 1981 diktatorisch regierender Präsident Argentiniens.
  15. Enrique Angelelli (1923-1976) kam im August 1976 in seinem Wagen auf mysteriöse Weise ums Leben, als er sich auf der Rückfahrt von einer Messe befand, die er zu Ehren zweier zuvor ermordeter, ebenso wie er stark sozial engagierter und politisch oppositioneller Priester gehalten hatte. Dass er einem Attentat des Militärs zum Opfer gefallen war, konnte erst 2014 abschließend bewiesen werden.
  16. Die Zeitungen, die den Militärputsch durchweg positiv kommentierten, berichteten unter anderem vom Vorgehen der neuen Regierung gegen »revolutionäre Umtriebe« an den Universitäten.
  17. Die Gruppe nannte sich Familiares de Desaparecidos y Detenidos por Razones Políticas
  18. Adolfo Pérez Esquivel (geb. 1931) ist ein bildender Künstler und Menschenrechtsaktivist. Bereits während der Militärdiktatur ab 1966 wurde er für Formen des gewaltfreien Widerstands auch international bekannt. Ab 1976 verhaftet und gefoltert, ließ das Militär ihn – letztlich wegen seiner Prominenz – 1978 frei und stellte ihn unter Hausarrest. 1980 erhielt er den Friedensnobelpreis.
  19. Hebe de Bonafini (*1928) steht seit fast vierzig Jahren an der Spitze der Madres, nachdem eine der Initiatorinnen und erste Vorsitzende, Azucena de Villaflor, 1977 verhaftet und vermutlich bei einem der »Todesflüge« aus einem Flugzeug gestoßen wurde.
  20. Operativo Independencia (Oparation Unabhängigkeit) war die erste militärische Operation des sogenannten Schmutzigen Krieges, wie die Maßnahmen gegen Linksoppositionelle während der Militärdiktatur zusammenfassend genannt werden. Die Offensive begann bereits vor dem Putsch 1975 in Tucumán, einer Provinz im Nordwesten Argentiniens. Die Militärs bekämpften dort das Ejército Revolucionario del Pueblo (Volksrevolutionstruppe), eine linke Guerillagruppe, deren Vorbilder Che Guevara und der Vietcong waren.
  21. Gemeint ist die Plaza de Mayo, der wohl wichtigste Platz in Argentiniens Hauptstadt Buenos Aires. Er befindet sich direkt vor dem Regierungsgebäude, der Casa Rosada. Bis heute treffen sich dort Madres donnerstags um 15.30 Uhr mit weißen Kopftüchern zum stillen Protest beziehungsweise Gedenken.
  22. Siehe Fußnote 16.
  23. Die Gesetzen, die einen Schlusspunkt (punto final) unter die Zeit der Militärdiktatur und ihres Erbes setzen um den Prozess der sogenannten Reorganización Nacional (Nationale Neuordnung) zu beschleunigen, bewirkten eine weitgehende Straffreiheit für das Militär und den Stopp der juristischen Aufarbeitung der zwischen 1976 und 1983 begangenen Verbrechen.
  24. Gemeint ist hier wohl der Regierungsantritt Nestor Kirchners 2003.
  25. Die sogenannten Wahrheitsprozesse fanden Ende der neunziger Jahre statt, als die meisten Verbrechen aufgrund einiger Amnestiegesetze nicht mehr strafrechtlich verfolgbar waren. Vor diesem Hintergrund führten einige Richter in Zusammenarbeit mit Menschenrechtsorganisationen Schauprozesse durch, die zwar nicht in rechtskräftigen Schuldsprüchen mündeten, dennoch dazu dienten, vergangenes Unrecht aufzuklären.
  26. La noche de los lápices (Die Nacht der Bleistifte) ist ein Film von Hector Oliveira aus dem Jahr 1986, der die Verhaftung und Ermordung sogar von Minderjährigen durch die Militärs cineastisch verarbeitet.
  27. Kern der Differenzen ist, dass Hebe de Bonafini sich seit Jahren offen als Anhängerin Cristina Kirchners bekennt und damit den Pfad der Un- oder Überparteilichkeit verlassen hat.