Das Memorandum des Verbandes Deutscher Sinti und der Romani-Union an die Bundesregierung und die Regierungen der Länder wurde am 2. November 1979 dem Bundeskanzleramt unter Regierungschef Helmut Schmidt übergeben. Es enthielt einen Neun- bzw. Zehn-Punkte-Katalog mit den wichtigsten politischen, entschädigungsrechtlichen, sozialen und kulturellen Forderungen der gerade entstandenen Bürgerrechtsbewegung deutscher Sinti und Roma sowie der seit Beginn der siebziger Jahre existierenden Dachvereinigung von Roma-Organisationen aus ganz Europa. Dieses frühe Schlüsseldokument in der deutschen Emanzipationsgeschichte der Minderheit sollte „ein erster Schritt sein“, um den Kernanliegen der damals marginalisierten Minderheit in der Bundesrepublik politisches und öffentliches Gehör zu verschaffen. Gleichzeitig offenbart die Quelle Defizite der damaligen Bundesrepublik bei der Umsetzung von Menschenrechten. Von globaler Perspektive aus betrachtet, lässt sich an der Entstehungsgeschichte zeigen, wie der Dekolonisierungsprozess Rechtsdiskurse in Europa prägte. Im Mittelpunkt des Manifests stehen das Verlangen nach Anerkennung des nationalsozialistischen Völkermordes an Sinti und Roma sowie die Beseitigung anhaltender Diskriminierungen. Der Forderungskatalog war wegweisend für die weitere Entwicklung der Bürgerrechtsbewegung deutscher Sinti und Roma. Die aus dieser hervorgegangenen Institutionen und Verbände erstritten in den letzten 40 Jahren die politische Implementierung der wesentlichen Aspekte des Memorandums.
Entstehungsgeschichte
Inhalt
Wirkungsgeschichte
Kommentierte Literaturliste
Literatur
Neben der jüdischen Minderheit fielen auch Roma1 aus zahlreichen europäischen Staaten während des „Dritten Reiches“ einem Völkermord zum Opfer. Etwa 15.000 deutsche Sinti und Roma starben zwischen 1938 und 1945 infolge von Deportation, Lagerhaft, Zwangsarbeit, Massenerschießungen oder Humanexperimenten.2 Vermutlich gab es weniger als 5.000 Überlebende, die größtenteils mit schweren seelischen und körperlichen Schäden in ihr ehemaliges Heimatland zurückkehrten.3 Die bundesrepublikanische Öffentlichkeit verdrängte ihre Verfolgung allerdings über 30 Jahre lang und erkannte sie nicht als Völkermord an. Sinti und Roma wurden aus der politischen „Bewältigung“ der NS-Vergangenheit weitgehend ausgeklammert. Das Ende des Zweiten Weltkrieges markierte nämlich keinesfalls ein Ableben des Antiziganismus, dessen jahrhundertelange Geschichte die mentale Voraussetzung für den Massenmord an der Minderheit begründet hatte. Jahrzehntelang verhinderten personelle Kontinuitäten in den Behörden eine Neuausrichtung des Umgangs mit den Betroffenen. Vor allem Kriminalpolizei- und Wiedergutmachungsbehörden verharmlosten die NS-Verfolgung von Sinti und Roma als „Verbrechensbekämpfung“. Die Überlebenden erfuhren weiterhin Diskriminierung und galten als „Problem“ für die öffentliche Ordnung.4
Nicht zuletzt weil Entschädigungen in den meisten Fällen nicht oder nur sehr unzureichend erfolgten,5 befanden sich viele Minderheitsangehörige nach 1945 in einer prekären sozioökonomischen Lage und lebten weitestgehend unauffällig in oder isoliert von der Mehrheitsgesellschaft. Nur wenige konnten damals bereits den Mut aufbringen, sich öffentlich für die Belange ihrer Minderheit einzusetzen – von Erfolg waren diese Versuche nicht gekrönt. So strengten Überlebende des Völkermords – darunter die Brüder Oskar und Vinzenz Rose aus Südwestdeutschland – durch Aussagen oder Anfragen bereits wenige Jahre nach Kriegsende juristische Strafverfahren gegen Mitarbeiter des ehemaligen Reichssicherheitshauptamts und der „Rassenhygienischen Forschungsstelle am Reichsgesundheitsamt“ an, die an der NS-„Zigeuner“-Verfolgung beteiligt gewesen waren. Die Staatsanwaltschaften stellten ihre Ermittlungen jedoch schnell wieder ein, weil sie kaum Beweise ausmachen konnten und Zeugen aus der Minderheit als unglaubwürdig einschätzten.6 Auch die ersten von Sinti und Roma gegründeten Selbsthilfevereine fanden in der jungen Bundesrepublik kein politisches Gehör.7 Die erneute Erfahrung der Marginalisierung und Rechtlosigkeit ließ etliche Sinti und Roma somit zunächst an der demokratischen und rechtsstaatlichen Verfasstheit der Bundesrepublik zweifeln.
Voraussetzungen für einen seit den siebziger Jahren einsetzenden Wandel im Verhältnis zwischen Minderheit und Mehrheitsgesellschaft waren eine Reihe von Entwicklungen auf nationaler und internationaler Ebene, die in die sechziger Jahre zurückreichten: In der westdeutschen Gesellschaft, insbesondere in den Behörden und der Minderheit selbst, machte sich ein Generationswechsel bemerkbar. Die Studentenbewegung formulierte lautstark ihre Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen. Sowohl die juristische als auch die öffentliche Auseinandersetzung mit den NS-Massenverbrechen intensivierte sich. Und mit dem Wahlsieg der sozialliberalen Koalition 1969 kam es in der Bundesrepublik zum ersten politischen Machtwechsel. Auf internationaler Ebene entwickelte sich die UNO mit fortschreitender Dekolonisierung zu einem Forum der Kritik an Rassismus und Diskriminierung. Eine neue Sensibilität gegenüber diskriminierten Minderheiten war die Folge. Weltweit formierten sich seit den sechziger Jahren v.a. Angehörige ethnischer Minderheiten wie Afroamerikaner oder Indigene in Emanzipationsbewegungen und machten mit lautstarken Protestaktionen auf ihre benachteiligte Lage aufmerksam.8 Vor diesem Hintergrund begannen sich vornehmlich Aktivisten der Neuen Linken, Bürgerrechtsvereinigungen und die im Entstehen begriffene Menschenrechtsbewegung in Europa auch mit der Situation der Roma auseinanderzusetzen. Ihre Unterstützung verhalf den Roma-Vertretern dazu, ihre Emanzipationsbemühungen innerhalb globaler Diskursformationen über die Verwirklichung der Menschenrechte von Minderheiten zu verorten und aus dem Protestrepertoire anderer Bewegungen zu schöpfen.9
In einigen west- und osteuropäischen Staaten war bereits seit den fünfziger Jahren eine zunehmend wachsende Zahl an Selbstorganisationen von Roma entstanden, die eine Vernetzung auf transnationaler Ebene anstrebten, um unter den Schutz supranationaler Menschenrechtsinstitutionen wie dem Europarat und der UNO zu gelangen. Da die Organisationen in kommunistischen Staaten auf die Tolerierung und Unterstützung der Regime angewiesen waren, gingen die ersten schlagkräftigen politischen Initiativen von in Westeuropa lebenden Roma und Travellers aus. Eine wesentliche Rolle spielte hierbei der aus bürgerlichem Elternhaus stammende englische Aktivist Grattan Puxon, der sich zunächst in der britischen Friedens- und Anti-Atombewegung engagiert hatte, bevor er sich in Irland Travellers anschloss, um der Einberufung in die British Army zu entkommen. Dort erlebte er die behördliche Diskriminierung der Travellers hautnah mit und führte Anfang der sechziger Jahre in Irland und England aufsehenerregende Aktionen zivilen Ungehorsams gegen den auf Vertreibung zielenden ordnungspolitischen Umgang mit Nichtsesshaften an.
Inspiriert vom Aktivismus anderer Bürgerrechtsbewegungen dieser Zeit baute Puxon eine Traveller-Interessenvertretung auf, die impulsgebend für die weitere Entwicklung war.10 So kam es zu einer Zusammenarbeit zwischen Puxon und Ionel Rotaru, dem schillernden rumänischstämmigen Anführer einer Roma-Vertretung in Frankreich. Puxon, Rotaru und weitere ihrer Mitstreiter pflegten Verbindungen zu Roma-, Traveller-Aktivisten, Selbstorganisationen und Unterstützern in mehreren west- und osteuropäischen Staaten. Viele der sich vernetzenden Akteure entstammten einer ersten Generation, die höhere Bildungseinrichtungen durchlaufen hatte und in privilegierterer Situation lebte als der Großteil ihrer Minderheit. Sie wollten über den Rahmen der Nationalstaaten hinaus darauf aufmerksam machen, dass Roma und Travellers, die sich in der Vergangenheit identitätspolitisch eher voneinander abgegrenzt hatten, in ganz Europa vergleichbaren Diskriminierungen und Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt waren.11
Nachdem Puxon gemeinsam mit britischen und französischen Aktivisten 1968 eine Dokumentation über menschenrechtswidrige Praktiken gegenüber Roma und Fahrenden an Delegierte des Europarats überreicht hatte, sprach dieser 1969 Empfehlungen Zur Lage der Zigeuner in Europa aus. Diese kritisierten, dass die Benachteiligung der Roma und nichtsesshafter Gruppen im Widerspruch zu den Menschenrechten stünde und mahnten deshalb ihre Integration unter Berücksichtigung ihrer Bedürfnisse an – ein Novum in der politischen Sicht auf die Minderheit.12
Am 8. April 1971 kam es schließlich auf dem Ersten Welt-Roma-Kongress in London zu einem internationalen Treffen von Vertretern nationaler Roma-Verbände, britischen Travellers und linken Sympathisanten aus zwölf Ländern,13 auf dem wesentliche Emanzipationsstrategien für den Kampf um politische Anerkennung erarbeitet wurden. Eines der wichtigsten Ergebnisse dieser Zusammenkunft war die beschlossene Ablösung von abschätzig konnotierten Fremdbezeichnungen wie „Zigeuner“. Stattdessen einigten sich die Delegierten auf die allgemeine Selbstbezeichnung „Roma“ als Überbegriff für alle Angehörigen der Minderheit. Damit sollte einerseits der eigenen Identität symbolisch Ausdruck verliehen werden, als bewusster Gegenakzent zu den Stereotypen der Mehrheitsgesellschaften. Gleichzeitig wollten die Aktivisten aber auch eine politische Kategorie schaffen, welche im internationalen Menschenrechtsdiskurs platziert werden konnte. Die Roma-Vertreter fühlten sich durch ihre jeweiligen Heimatstaaten nicht vertreten und wollten deshalb völkerrechtlich als eigenständige Nation ohne Territorium anerkannt werden.14 Hinter der keineswegs neuen, aber in der Öffentlichkeit doch bis dahin gänzlich unbekannten Eigenbezeichnung15 stand die von den Kongress dominierenden osteuropäischen Aktivisten konzipierte Idee, dass die Roma eine europaweit verstreut in der Diaspora lebende unterdrückte Nation mit eigener Kultur und Sprache darstellten. Das Ziel hinter dieser Identitätspolitik war jedoch nicht die Errichtung eines Nationalstaats, sondern die Stärkung der Bürgerrechte der Roma in den jeweiligen Heimatländern.16 Um diese zu sichern, wurde 1978 die internationale Dachorganisation Romani-Union (RU) mit Sitz in Brüssel gegründet, die eine Unterstützung durch die Vereinten Nationen (UN) anstrebte.
Dieses Ziel verfolgend hatte sich das Aktivistennetzwerk mit dem in London stationierten indischen Attaché Weer Rajendra Rishi verbündet, der von den Roma auf Grund ihrer ursprünglich indischen Abstammung fasziniert war. Nach seinem Ausscheiden aus dem diplomatischen Dienst gründete er 1973 in Chandigarh das Indian Institut of Romani Studies, gab die internationale Zeitschrift Roma - Half-Yearly Journal on the Life, Language and Culture of Roma heraus und organisierte 1976 ein internationales Roma-Festival. Damit machte er die indische Regierung auf die Lage der Minderheit in Europa aufmerksam und eröffnete den Aktivisten die Möglichkeit u.a. mit Premierministerin Indira Gandhi und deren Nachfolger Morarji Desai in Kontakt zu treten.17 Man kann das indische Engagement für die Roma-Emanzipation auch als postkoloniale Kritik an den Verhältnissen in den Gesellschaften der ehemaligen Kolonialmächte deuten. Ebenso vermittelte Jugoslawien, das sich international als Vorbild im politischen Umgang mit der Minderheit profilieren wollte, zwischen den Roma-Vertretern und Indien.18 Auf dem Zweiten Welt-Roma-Kongress 1978 in Genf19 wurde Indien in Anwesenheit einer indischen Delegation offiziell zum „Mutterland der Roma“ erklärt, um die Voraussetzungen für die Anerkennung eines Nationalitätenstatus zu schaffen. Diese Verbindung war besonders wichtig für die Etablierung der Roma als menschenrechtsrelevante Kategorie und zu schützende Minderheit innerhalb der Vereinten Nationen.20
Mithilfe indischer Vertreter und der Minority Rights Group erkannten die UN die Roma bereits 1977 als Minderheit an.21 Der UN-Ausschuss zur Beseitigung der Rassendiskriminierung verlangte von der Bundesrepublik, Schweden und Norwegen Auskünfte über die Lage und Eingliederung von „Zigeunern“.22 Ebenso befasste sich die Subkommission gegen Diskriminierung und zum Schutz von Minderheiten auf ihrer 30. Tagung in Genf 1977 u.a. mit Fragen des Ausbaus des Menschrechtsschutzes für „Zigeuner“ und rief die Staaten dazu auf, Angehörigen der Minderheit die gleichen Rechte wie anderen Bürgern einzuräumen.23 Nach dieser „Integration in den Menschen- und Minderheitenrechtsdiskurs“24 der Vereinten Nationen wurde die RU 1979 als konsultatives Mitglied in den UN-Wirtschafts- und Sozialrat (ECOSOC) aufgenommen, dessen Menschenrechtskommission innerhalb der Vereinten Nationen die Förderung der Menschenrechte oblag.25
Diese Anerkennung wirkte auch auf die Bürgerrechtsinitiativen von Sinti und Roma in Westdeutschland impulsgebend. Allen voran jüngere, nach 1945 geborene Minderheitsangehörige entwickelten auch hier ein selbstbewussteres Bekenntnis zur eigenen Identität und forderten einen Abbau ihrer Diskriminierung. Mit der späteren Filemacherin und Bürgerrechtlerin Melanie Spitta hatte eine deutsche Sinti-Vertreterin bereits am Ersten Welt- Roma-Kongress teilgenommen.26 1979 verfolgte auch Romani Rose die Anerkennung der RU durch die Vereinten Nationen in New York.27 Er gilt als einer der wichtigsten Protagonisten des deutschen Emanzipationsprozesses und führte den Verband Deutscher Sinti (VDS) an – ein Verein, der auf Vorläufer zurückging, die von seinem verstorbenen Vater Oskar und dessen Bruder Vinzenz Rose bereits Ende der vierziger Jahre begründet worden waren. Während in der protestreichen Anfangsphase verschiedene Minderheitsangehörige als Sprecher der Minderheit auftraten, richtete sich die Bürgerrechtsbewegung im Zuge ihrer Institutionalisierung seit den achtziger Jahren ganz auf die symbolische Führungsfigur Romani Roses aus. Dessen Mitarbeiter und Mitstreiter agierten stets eher im Hintergrund.
Seit Mitte der siebziger Jahre stand die Menschenrechtsorganisation Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), die sich seit ihrer Gründung 1970 vornehmlich für die Rechte unterdrückter Minderheiten und Opfer genozidaler Gewalt in dekolonisierten Staaten sowie der sogenannten „Vierten Welt“ – der Begriff sollte in den siebziger Jahren auf Armutsverhältnisse in den industrialisierten Ländern aufmerksam machen – eingesetzt hatte, in Kontakt mit dem VDS und beschäftigte sich mit der Lage der Sinti und Roma in Westdeutschland.28 Entstanden aus der 1968 durch Tilman Zülch ins Leben gerufenen Aktion Biafra-Hilfe entwickelte sich die GfbV im Laufe der siebziger Jahre zu einer der bedeutendsten Menschenrechtsorganisationen in der Bundesrepublik, zu deren Unterstützerkreis auch prominente Künstler und Intellektuelle zählten. Mit ihrem vehementen Eintreten für die Gruppenrechte bedrohter Minderheiten erweiterte die GfbV das bis dahin etablierte Verständnis von Menschenrechtsaktivismus. Die GfbV lenkte die Aufmerksamkeit ihrer Anhänger v.a. auf die Opfer staatlicher Gewaltpolitik und zog immer wieder Parallelen zwischen dem Holocaust und der zeitgenössischen Verfolgung von „bedrohten Völkern“. Zudem begleitete sie ihre Kampagnen stets mit der Bereitstellung detaillierter Informationen über die Menschenrechtsverletzungen an den von ihr unterstützten Gruppen.29
Anfang 1979 entstand schließlich eine Zusammenarbeit zwischen der deutschen Menschenrechtsorganisation, dem zu diesem Zeitpunkt noch sehr kleinen Verband Deutscher Sinti und der Romani-Union. Dabei sah die GfbV ihre Rolle darin, den Sinti und Roma, „die sich aus der Resignation und der Erniedrigung aufraffen wollen, eine Plattform und eine Resonanz zu [ver]schaffen, von der aus sie leichter mit ihren Forderungen gehört werden“.30 Dafür wurde eine Bürgerrechtskampagne zur Anerkennung des NS-Völkermordes an der Minderheit ins Leben gerufen, die mittels gezielter Informationsarbeit,31 öffentlichen Veranstaltungen, Protestaktionen und einer moralisierenden Skandalrhetorik auf die anhaltende Diskriminierung von Sinti und Roma aufmerksam machte. Mit Slogans wie „In Auschwitz vergast, bis heute verfolgt“ wurde das bundesrepublikanische Selbstbild eines demokratischen Rechtsstaates, der mit der NS-Vergangenheit gebrochen habe, medienwirksam in Frage gestellt. Die Gesellschaft für bedrohte Völker spielte dabei die entscheidende Rolle, da sie die Kampagne sowohl inhaltlich, organisatorisch als auch finanziell unterstützte. Die Organisation konnte mit ihrem Engagement für Sinti und Roma einerseits an zeitgenössische Menschenrechtsdiskurse und Selbstorganisationsbemühungen anknüpfen, die von globaler Reichweite waren.32 Ebenso erwies sich das Eintreten für die Belange der Sinti und Roma anschlussfähig an die Rhetorik ethnischer und indigener Emanzipationsbewegungen, die seit den sechziger Jahren ausgehend von liberal-westlich geprägten Demokratien global Aufmerksamkeit erregten. In den USA forderte die Black-Power-Bewegung die Stärkung ihrer Bürgerrechte; die sich transnational formierende Indigenen-Bewegung strebte nach politischer und kultureller Selbstbestimmung.33
Andererseits platzierte die GfbV die Sinti und Roma als bislang vergessene Opfergruppe innerhalb der bundesrepublikanischen Debatten um die Aufarbeitung der Verbrechen des Nationalsozialismus. Zeitgleich mit einem der Höhepunkte der geschichtspolitischen Auseinandersetzung – der zum Medienereignis avancierten Ausstrahlung der US-Fernsehserie „Holocaust“ im Januar 1979 und der damit verbundenen verstärkten Hinwendung zur Leidensgeschichte der Überlebenden der Shoah – versuchte die Bürgerrechtskampagne den Völkermord an der Minderheit in den westdeutschen Vergangenheitsdiskurs zu integrieren.34
Innerhalb kürzester Zeit konnte die Kampagne einen breiten Unterstützerkreis für die Belange der Sinti und Roma mobilisieren. Über das Netzwerk der GfbV erhielten Vertreter der Minderheit Zugang zu Medienschaffenden, Politikern, NGOs, Intellektuellen und Personen des öffentlichen Lebens. In der ersten Jahreshälfte 1979 informierten Gedenkveranstaltungen, Fernsehreportagen und Zeitungsartikel über die NS-Verfolgung der Minderheit und ihre andauernde Diskriminierung in der Bundesrepublik. Auch setzten sich v.a. Politiker der SPD, allen voran der Bundesjustizminister Hans-Jochen Vogel, aber auch der FDP und Grünen für den Abbau von Diskriminierungen gegenüber der Minderheit ein.
Um die politischen Forderungen des VDS und der RU festzuhalten und an die Regierungen in Bund und Ländern zu richten, erarbeiteten die Kampagnenbeteiligten schließlich ein Memorandum bestehend aus neun Punkten, das bis Ende des Jahres 1979 zunächst an 40.000 deutsche Bürger, Organisationen, Gruppen und Verbände geschickt sowie 15.000 Mal als Plakat gedruckt wurde.35 Im Oktober 1979 verkündeten Dr. Jan Cibula, Präsident der RU, Tilman Zülch, Vorsitzender der GfbV und Vinzenz Rose für den VDS erstmals gemeinsam öffentlich auf deutschem Boden die im Memorandum formulierten Ziele im Rahmen einer Gedenkkundgebung auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Bergen-Belsen. Prominente Redner wie die damalige Europaparlamentspräsidentin Simone Veil untermauerten diese Anliegen zusätzlich.36 Dieses einerseits als Erinnerungs-, andererseits als Protestakt an einem symbolischen Ort inszenierte Ereignis sowie die Veröffentlichung des Memorandums in der ZEIT37 Anfang Dezember 1979 verschafften der Bürgerrechtskampagne weitere Aufmerksamkeit nationaler und internationaler Medien.38 Der dadurch aufgebaute politische Druck auf die Bundesregierung wurde schließlich genutzt, um von Bundeskanzler Helmut Schmidt die Erfüllung der im Memorandum festgehaltenen Ziele zu fordern.
Das Memorandum besteht aus einem kurzen Einführungstext und einem angeschlossenen Forderungskatalog, der die politischen Kernanliegen der organisierten Sinti und Roma auflistete. Während die Kopiervorlage des VDS nur neun Forderungen enthält, wurde dem in der ZEIT veröffentlichten Memorandum noch ein zehnter Punkt hinzugefügt, der sich auf eine alleinige Forderung der RU beschränkt und vermutlich deshalb vom deutschen Verband unterschlagen wurde. So forderte der zehnte Punkt des Memorandums die Bundesregierung dazu auf, „Sprecher der Romani-Union zu einem Gespräch in Bonn zu empfangen.“39 Bereits dieser Aspekt offenbart, dass die Allianz zwischen VDS und RU primär aus strategischen Gründen geschmiedet wurde und durchaus inhaltliche Differenzen zwischen den beiden Selbstorganisationen bestanden, die in der Anfangsphase der Menschenrechtskampagne auch vor dem Hintergrund öffentlicher Erfolge noch überspielt werden konnten, aber – wie noch zu zeigen sein wird – in der Folge immer deutlicher ans Licht traten.
Die Einleitung des Memorandums ist in einem rhetorischen Duktus verfasst, der auch späteren Presseerklärungen und Korrespondenzen des Verbandes Deutscher Sinti zu entnehmen ist und inhaltlich sicher von der Gesellschaft für bedrohte Völker mitinspiriert war.40 Später wechselte der in der Kampagne für die GfbV arbeitende Mitarbeiter Fritz Greußing zum VDS und war dort jahrelang zuständig für die Kommunikation nach außen. Bereits der erste Satz verweist darauf, dass die europäischen Roma „der Rassenpolitik des Dritten Reiches zum Opfer“ gefallen und „in den Konzentrationslagern verhungert[en], […] vergast oder erschossen“ worden seien. Weiter ist von einer „halbe[n] Million“ Ermordeten die Rede – eine Zahl, die zu diesem Zeitpunkt nur geschätzt werden konnte, lagen doch kaum wissenschaftliche Studien zur Verfolgung der Minderheit vor.41 Im Anschluss wird der Umstand beklagt, dass auch 34 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs keine Bundesregierung „die Nazi-Verbrechen an den Roma öffentlich bekanntgemacht und bedauert“ habe. Darauf folgt eine Aufzählung der Diskriminierungen, denen Angehörige der Minderheit in der Bundesrepublik ausgesetzt waren. Dazu zählen etwa die polizeiliche Sonderfassung von Sinti und Roma, diskriminierende Wiedergutmachungspraktiken oder der Entzug von deutschen Staatsbürgerschaften nach 1945. Letzteres war während der fünfziger und sechziger Jahre vor allem im Raum Köln vorgekommen worden, wo Behörden deutschen Sinti und Roma die Staatsbürgerschaft nachträglich mit dem Argument entzogen hatten, dass diese nicht nachweisbar sei.42 Diese Einführung bildet eine starke politische und auch moralische Legitimation für den nachfolgenden Forderungskatalog.
Der erste Punkt des Dokuments ist zugleich dessen wichtigster, da er eine Erklärung der Bundesregierung, welche die nationalsozialistische Verfolgung von Sinti und Roma als Tatbestand des Völkermords anerkennt, einfordert. Dieses in erster Linie symbolische Ansinnen wurde mit dem Verlangen nach einer Übernahme einer besonderen Verantwortung für die Minderheit analog zur „besondere[n] Beziehung zum jüdischen Volk“ verbunden. Der anerkannte Status der jüdischen Minderheit fungiert bereits hier als Vergleichsfolie für die Forderungen von Sinti und Roma und durchzieht auch das weitere politische Agieren von Vertretern der Minderheit. Damit einhergehend forderte das Memorandum eine „Blockreparation“ vergleichbar mit den im Luxemburger Abkommen von 1952 vereinbarten globalen Entschädigungsleistungen an den Staat Israel und die Jewish Claims Conference. Dieses millionenschwere Anliegen entstammt der Feder der Romani-Union und war bereits mit ihrer Gründung auf dem Zweiten Welt-Roma-Kongress 1978 beschlossen worden. Zugleich war eine Kommission für Wiedergutmachungsangelegenheiten innerhalb der RU eingerichtet worden.43 Die Wiedergutmachungsleistungen sollten in einen Fonds eingezahlt werden, der von einem Treuhänderrat unter Vorsitz des Vizepräsidenten des Internationalen Gerichtshofs verwaltet werden und der jungen Generation europäischer Roma zugutekommen sollte, welche „zu der wohl unterprivilegiertesten europäischen Volksgruppe überhaupt“ gehöre.
Lediglich dieser Punkt des Memorandums dringt auf die Übernahme von politischer Verantwortung auch für die europäischen Opfer des nationalsozialistischen Völkermordes. Die folgenden Forderungen wurden hauptsächlich von GfbV und VDS vertreten und strebten den Abbau von Diskriminierungen gegenüber der Minderheit in Westdeutschland an. So auch der letzte Absatz des ersten Punktes, der dafür plädierte, die abgelaufenen Anspruchsfristen für individuelle Wiedergutmachungsleistungen nach dem Bundesentschädigungsgesetz auszusetzen, um die noch lebenden deutschen NS-Opfer der Minderheit angemessen zu entschädigen.
Die Punkte zwei und drei drängen auf den Abbau von Diskriminierungen in der Bundesrepublik im politischen Bereich. Miteingeschlossen ist dabei die Forderung nach Aufklärung der Tätigkeit der einstigen bayerischen „Landfahrerzentrale“. Diese steht paradigmatisch für das Fortleben antiziganistischer Praktiken in unterschiedlichen politischen Systemen. Im Kaiserreich gegründet, war die Stelle in der Weimarer Republik und dem „Dritten Reich“ zum zentralen Nachrichtendienst für „Zigeuner“ ausgebaut und schließlich als „Reichszentrale zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens“ in das 1937 etablierte Reichskriminalpolizeiamt eingegliedert worden, von wo aus die Deportationen von Sinti und Roma gesteuert wurden. 1946 wurde der Dienst in Bayern wiedereingeführt und 1951 in „Landfahrerzentrale“ umbenannt. Viele der dort tätigen Beamten waren in die NS-Verbrechen an Sinti und Roma verstrickt gewesen und setzten nun die Sondererfassung der Minderheit fort. Dabei arbeiteten sie nicht nur mit Akten aus der NS-Zeit weiter, sondern beeinflussten auch viele Entschädigungsverfahren zu Ungunsten der Antragsteller. Obwohl die „Landfahrerzentrale“ bereits 1965 aufgelöst wurde, äußerten die politischen Aktivisten der Sinti und Roma den Verdacht, dass die Polizeibehörden an solchen diskriminierenden Praktiken weiter festhielten.
Weiter plädierte das Memorandum für die Integration der Verfolgungsgeschichte von Sinti und Roma in den schulischen Geschichtsunterricht und die wissenschaftliche Forschung. Die soziale Lage der Minderheit solle durch ein Wohnungsbauprogramm entschärft werden, das die Bedürfnisse der Betroffenen berücksichtige und Ghettoisierungen entgegenwirke. Zur Verbesserung der Lebenssituation von Fahrenden, die Ende der achtziger Jahre eine kleine Minderheit unter den deutschen Sinti und Roma ausmachten44, seien die Empfehlungen des Europarates von 1969 „endlich“ zu verwirklichen. Auch dieser Punkt wurde von den europäischen Minderheitenaktivisten sehr unterschiedlich bewertet. Vor allem Vertreter der britischen, von Travellers dominierten Bewegung, definierten die fahrende Lebensweise als Teil ihrer kulturellen Identität, während Sinti der deutschen Bürgerrechtsbewegung und osteuropäische Roma-Intellektuelle diese nicht als Bestandteil ihres Selbstverständnisses als Minderheit betrachteten, galt sie doch als rückständig und zählte seit jeher zu den klassischen „Zigeuner“-Stereotypen.45 Dem VDS ging es vielmehr darum, Sinti und Roma Rechtsgleichheit und keinen Sonderstatus – den die vom Europarat geforderten Wohnwagenplätze allein für Roma de facto bedeuteten – zu verschaffen. Stattdessen befürworteten die deutschen Bürgerrechtsaktivisten die Beseitigung von Zutrittsbeschränkungen auf deutschen Campingplätzen, wie in Punkt acht des Memorandums formuliert.46
Auch Punkt fünf und neun sollten ausdrücklich „keine Sonderstellung begründen“, sondern die Gleichstellung der Minderheit herbeiführen. So wollten Sinti und Roma an politischen Entscheidungsprozessen, die sie betrafen, „paritätisch beteiligt“ werden (Punkt 9) und durch die Anerkennung als eine „seit Jahrhunderten in Deutschland lebende Volksgruppe“ einen vergleichbaren Status erhalten wie bereits geförderte ethnische Minderheiten, etwa die Dänen in Südschleswig (Punkt 5). Dieses Ansinnen verweist auf die Idee des kollektiven Minderheitenschutzes, die nach dem Zweiten Weltkrieg von dem am Individualrechtsschutz orientierten Menschenrechtsregime abgelöst worden war.47 Weder die UN-Charta von 1945 noch die 1948 deklarierte Allgemeine Erklärung der Menschenrechte hatten das Thema Minderheitenschutz erwähnt und die Diskussion darum blieb innerhalb der Vereinten Nationen fast zwei Jahrzehnte auf die Unterkommission zur Verhütung von Diskriminierung und für Minderheitenschutz beschränkt. Erst in den 1976 in Kraft getretenen UN-Menschenrechtspakt über bürgerliche und politische Rechte wurde die vage Bestimmung aufgenommen, dass Angehörigen ethnischer Minderheiten nicht das Recht verwehrt werden dürfe, „ihr eigenes kulturelles Leben zu pflegen“.48
Parallel zu dieser Entwicklung drängten weltweit Aufmerksamkeit erregende Emanzipationsbewegungen darauf, zur Lösung der besonderen Probleme von Minderheiten „im Rahmen des allgemeinen Schutzes der Menschenrechte […] ein neues Kapitel“ aufzuschlagen.49 Dabei ging es vornehmlich darum, die kulturelle Identität von Gruppen, die sich auf Grund bestimmter Traditionen von der Nationalkultur unterschieden, gegen Assimilation und Rassismus zu schützen. Zwar wurde ihre juristische Kodifizierung lange kontrovers diskutiert, jedoch fand die Frage des Minderheitenschutzes innerhalb der UN als politische und völkerrechtliche Norm seitdem zunehmend Anerkennung, v.a. auch im Zuge der zunehmenden Rassismusbekämpfung.50 Diese Prozesse verweisen auf einen beginnenden Paradigmenwechsel im Umgang mit Minderheiten, denen vermehrt ein Recht auf Anerkennung und Erhalt ihrer kulturellen Traditionen zugesprochen werden sollte. Insbesondere nach 1989 sollten Minderheitenschutzrechte im europäischen und UN-Menschenrechtssystem zunehmend etabliert werden.51
Um die Aufmerksamkeit nach der Gedenkkundgebung in Bergen-Belsen für die weitere politische Lobbyarbeit zu nutzen, planten GfbV, VDS und RU das Memorandum wenige Tage später an Bundeskanzler Helmut Schmidt persönlich zu übergeben. Der Text war dem Kanzleramt von der GfbV bereits vor Veröffentlichung zugesendet worden, jedoch wurde die Delegation mit Vertretern der Verbände, darunter Romani Rose und Grattan Puxon, nicht zum Regierungschef vorgelassen und konnte das Memorandum sowie eine beigefügte Unterschriftenliste lediglich an dessen Staatssekretär übergeben. Eine Stellungnahme wollte das Bundeskanzleramt nicht zu den Forderungen der Sinti und Roma abgeben, es versprach aber die gründliche Prüfung des Inhalts. Das vorsichtige Agieren des Kanzleramts erklärt sich in erster Linie aus den im Memorandum enthaltenen finanziellen Forderungen, aber auch die Legitimation der Autoren, als Vertreter für die Minderheit zu sprechen, wurde von den Ministerialbeamten, die sich mit dem Forderungskatalog auseinandersetzten, hinterfragt.
Vor allem aber wurde die Behörde kalt erwischt, da sie sich mit den Problemen der Minderheit bis dahin „nur am Rande befaßt“ hatte.52 Zwar hatte die Regierung bereits Mitte der siebziger Jahre erkannt, dass über die soziale Lage der Minderheit zu wenig bekannt war, weshalb das Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit mehrere Forschungsgutachten dazu in Auftrag gegeben hatte. Jedoch lag zum Zeitpunkt der Übergabe des Memorandums nur eine Literaturauswertung vor.53 Eine politische Einbeziehung der Minderheit selbst war bis dahin auch nicht erfolgt. Im bis 1976 existierenden „Expertenkreis für Zigeunerfragen“ des Bundesfamilienministeriums waren keine Vertreter der Sinti und Roma geladen.
Die geforderte symbolische Geste wurde somit zunächst abgelehnt. Die Vertreter des Kanzleramts erklärten der Delegation, dass die „Existenz historischer Fakten nicht von einer Erklärung des BK abhängig sei“.54 Auch die weiteren aufgelisteten Anliegen wurden zurückgewiesen, da in den benannten Bereichen keine Diskriminierungen festgestellt werden konnten bzw. konkretere Angaben gemacht werden müssten. Intern jedoch evozierte das Memorandum eine erstmalige intensive Beschäftigung mit der Lage und den Forderungen der Minderheit, auch weil „die Vorwürfe der Sinti [im Kern] berechtigt“55 erschienen und der VDS mit politischen Protestaktionen weiter Druck ausübte. Insbesondere der einwöchige Hungerstreik im ehemaligen KZ Dachau im April 1980 gab dem politischen Programm der Sinti und Roma Aufwind. Die dort geäußerten Vorwürfe gegen das bayerische Innenministerium und das Verlangen nach Aufklärung der Tätigkeit der „Landfahrerzentrale“ wurden auch im Kanzleramt vernommen. So hatten die sich mit den Sinti solidarisierenden Geistlichen Kardinal Joseph Ratzinger und Landesbischof Johannes Hanselmann telegrafisch an die Bundesregierung gewandt und Bundesjustizminister Hans-Jochen Vogel hatte die Sinti nach Ende der Protestaktion in Dachau besucht. 56
Bereits nach Ankündigung des Hungerstreiks hatte das Bundeskanzleramt schriftlich zum Memorandum Stellung genommen und die Grundposition der Bundesregierung wie folgt formuliert: „Den Sinti und Roma ist durch die NS-Diktatur aus rassischen Gründen schweres Unrecht zugefügt worden[, weshalb sie] […] nach Maßgabe der einschlägigen Bundesgesetze Anspruch auf Wiedergutmachung […] [und] darüber hinaus Anspruch auf Gleichbehandlung im Rahmen der Verfassungs- und Rechtsordnung der Bundesrepublik“ haben.57 In der Folgezeit prüften einzelne Bundesministerien sie betreffende Fragen des Memorandums. In Bezug auf die angeprangerten Campingplatzverbote bestätigte etwa das Familienministerium, dass diese gegen das Grundgesetz verstießen und bat die Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände darum, auf die Kommunen einzuwirken, dass Angehörigen der Minderheit künftig der Zutritt nicht mehr verweigert werde.58
Lediglich die finanziell den größten Umfang einnehmende Forderung der RU nach kollektiver Wiedergutmachung wurde nicht weiter geprüft, mit der Begründung, dass dafür keine Rechtsgrundlage bestehe. Nach deutschem Entschädigungsrecht könnten allein individuelle Ansprüche deutscher Staatsbürger geltend gemacht werden. Eine analoge Behandlung zur Globalentschädigung gegenüber Israels und der Claims Conference wurde abgelehnt, habe diese doch einst dazu gedient, die aus Osteuropa vertriebenen Juden staatlich wieder einzugliedern, was mit der Situation der europäischen Roma nicht vergleichbar sei.59 Nachdem der Hungerstreik im ehemaligen KZ Dachau dem VDS im April 1980 weitere öffentliche Aufmerksamkeit beschert hatte, modifizierte dieser das Anliegen für die deutschen Sinti und Roma. Gefordert wurde nun die Einrichtung eines Kulturzentrums in Deutschland zum Erhalt des kulturellen Erbes der Minderheit, schließlich unterstütze die Bundesrepublik auch die israelitischen Kultusgemeinden und jüdische Organisationen.60
Seit Mai 1980 erarbeitete eine ad hoc-Arbeitsgruppe bestehend aus SPD-Politikern in Bund und Ländern auf Grundlage des Memorandums Vorschläge an die Bundesministerien und Landtagsfraktionen für konkrete politische Schritte zur Verbesserung der Lage der Minderheit. Vertreter der Sinti und Roma wurden von dem Gremium erstmalig in sie betreffende politische Beratungsprozesse miteinbezogen. Eine besonders dringende Notwendigkeit sah die SPD-Arbeitsgruppe in einer außergesetzlichen Härtefallregelung zur Entschädigung von Sinti und Roma und anderen nichtjüdischen Verfolgten, die bereits 1981 vom Bundestag erlassen wurde.61 Auch zeigten sich die Bundesministerien gegenüber der Arbeitsgruppe bereit, im Memorandum beklagte Diskriminierungen wie die grundgesetzwidrige Ausbürgerung von Minderheitsangehörigen im Einzelfall zu prüfen und „in Anbetracht der besonderen Situation der Betroffenen entgegenkommend zu verfahren.“62 Mit den Vorschlägen der ad hoc-Arbeitsgruppe lagen Bund und Ländern nun Empfehlungen zum Umgang mit der Minderheit vor, die sich sehr aufgeschlossen gegenüber den im Memorandum erhobenen Forderungen zeigten. Dadurch wiederum wurden nachfolgende Initiativen der Sinti und Roma, die westdeutsche Politik für weitere Implementierungen ihrer politischen Forderungen in die Pflicht zu nehmen, wesentlich erleichtert.63
Diese ließen nicht lange auf sich warten: Im Zuge der öffentlichen Aufmerksamkeit für die Bürgerrechtskampagne hatten Sinti und Roma mit Unterstützung von Angehörigen der Mehrheitsgesellschaft zahlreiche Lokalvereine und Landesverbände gegründet. Um eine schlagkräftige Dachorganisation zu etablieren, der auch die Bundesregierung eine Legitimation als nationale Vertretung der deutschen Sinti und Roma beimaß, wurde im Februar 1982 der „Zentralrat Deutscher Sinti und Roma“ ins Leben gerufen, der die Bürgerrechtsarbeit des VDS fortsetzte. Nur einen Monat später empfing Bundeskanzler Schmidt zehn Vertreter des Zentralrats zu einem persönlichen Gespräch im Bundeskanzleramt. Darunter waren der zum Vorsitzenden gewählte Romani Rose,64 der Zentralratsmitarbeiter Fritz Greußing sowie die Vertreter von Landes- und Regionalverbänden aus Dortmund, Hildesheim, Freiburg, Mannheim, Darmstadt, Heidelberg, Bayreuth und Illingen. Im Zuge dieses Treffens erkannte Bundeskanzler Helmut Schmidt den NS-Völkermord an Sinti und Roma öffentlich im Namen der Bundesregierung an und erfüllte damit den für den VDS wichtigsten Forderungspunkt des Memorandums.65
Dieser Schritt markiert eine wichtige Zäsur und leitete die staatliche Unterstützung der Bürgerrechtsarbeit des Zentralrats ein. So wurde der Zentralrat bereits im Mai 1982 zu einem Sachverständigengespräch im Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft geladen, um Bildungsangebote für Minderheitsangehörige zu beraten, die das Ministerium explizit als Teil einer moralischen Wiedergutmachung verstand. Auch öffneten weitere Bundes- und Landesministerien fortan ihre Türen für die Vertreter des Zentralrats. Seit Anfang der achtziger Jahre übernahmen deutsche Regierungen somit Schritt für Schritt politische Verantwortung für die Belange der Minderheit, deren politische Forderungen sie nicht mehr stillschweigend ignorieren konnten.
Seitdem wurden weitere wesentliche Forderungen des Memorandums verwirklicht. Jedoch verlief dieser Anerkennungsprozess keineswegs geradlinig und konfliktfrei, sondern musste hart und mitunter über Jahre hinweg politisch erkämpft werden. So war etwa die Anerkennung der Sinti und Roma als nationale Minderheit jahrelang von den Regierungen Schmidt und Kohl abgelehnt worden. Erst als die Frage des Minderheitenschutzes in Europa nach den Zusammenbrüchen der UdSSR und Jugoslawiens stärker in den Fokus rückte, erklärte die Bundesregierung, das im Mai 1995 unterzeichnete Rahmenübereinkommen des Europarats zum Schutz nationaler Minderheiten auch auf die deutschen Sinti und Roma anzuwenden. Dieses mittlerweile wichtigste völkerrechtlich verbindliche Instrument des Minderheitenschutzes definiert die Rechte und Freiheiten von Angehörigen nationaler Minderheiten explizit als „Bestandteil des internationalen Schutzes der Menschenrechte“.66 Auf dieser Grundlage konnten der Zentralrat sowie mehrere seiner Landesverbände Minderheitenschutzstandards und Kulturförderung auf der Ebene der Bundesländer erreichen. Die bislang weitreichendsten Ergebnisse wurden 2013 mit einem Staatsvertrag in Baden-Württemberg erzielt, der sogar die Einrichtung eines paritätisch besetzten Rats für die Angelegenheiten deutscher Sinti und Roma auf den Weg brachte und Grundlage für die Errichtung einer Forschungsstelle Antiziganismus an der Universität Heidelberg war.
Die Allianz zwischen den Vertretern der deutschen Sinti und Roma und der RU zerbrach hingegen Ende der achtziger Jahre endgültig. Hatten GfbV und VDS 1981 noch den Dritten Welt-Roma-Kongress in Göttingen ausgetragen, auf dem Romani Rose zum RU-Vizepräsidenten gewählt worden war, entzweite vor allem das von der RU konzipierte Nationenkonzept die beiden Organisationen zunehmend. Während der Zentralrat die Anerkennung als nationale Minderheit verfolgend stets betonte, dass die deutschen Sinti und Roma Staatsbürger der Bundesrepublik seien und ihre Kultur seit 600 Jahren zum nationalen Erbe gehöre, definierte die RU die Roma weiterhin als transstaatliche Nation mit indischen Wurzeln. Weitere Auseinandersetzungen gab es auch über die Frage der Wiedergutmachung für die Opfer des NS-Völkermords. Seit Mitte der achtziger Jahre hatte der Zentralrat zahlreiche nach dem Bundesentschädigungsgesetz abgelehnte Entschädigungsfälle deutscher Sinti und Roma neu aufgerollt sowie weitere außergesetzliche Regelungen erwirkt. Die RU konnte hingegen die im Memorandum geforderte Blockwiedergutmachung für Roma anderer europäischer Staaten nicht politisch durchsetzen und kritisierte, dass sich der Zentralrat lediglich für die Entschädigung der deutschen Minderheitsangehörigen einsetze.
1989 schloss das RU-Präsidium Romani Rose auf Grund der politischen Differenzen aus. Während die RU heute als Lobbyorganisation kaum noch eine Rolle spielt, hat sich der Zentralrat auch im internationalen Rahmen als wichtiges Vertretungsorgan deutscher Sinti und Roma etabliert.67 Die Auseinandersetzungen zwischen den beiden Minderheitenvertretungen demonstrieren, wie sehr Identitätsentwürfe und politische Zielvorstellungen der Sinti und Roma von Heterogenität geprägt sind – im Gegensatz zu den seit Jahrhunderten tradierten homogenisierenden „Zigeuner“-Bildern.
Fings, Karola: Sinti und Roma. Geschichte einer Minderheit, München 2016.
Auf nur 120 Seiten informiert Karola Fings mit diesem in der Beck-Wissen-Reihe erschienenen Band übersichtlich und differenziert zugleich über die 600-jährige Geschichte der Sinti und Roma in Deutschland. Die reflektierte Gesamtdarstellung bietet einen hilfreichen Einstieg in die Thematik und besticht zugleich durch seine sensibilisierte und problemorientierte Ausführung.
Lotto-Kusche, Sebastian: Spannungsfelder im Vorfeld der Anerkennung des Völkermords an den Sinti und Roma. Das Gespräch zwischen dem Zentralrat Deutscher Sinti und Roma und der Bundesregierung am 17. März 1982, in: Brenneisen, Marco et al. (Hg.): Stigmatisierung – Marginalisierung – Verfolgung. Beiträge des 19. Workshops zur Geschichte und Gedächtnisgeschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, Berlin 2015, S. 224-244.
Zur Geschichte der Bürgerrechtsbewegung deutscher Sinti und Roma sind bislang nur wenige Aufsätze erschienen, die hauptsächlich deskriptiv vorgehen und kaum archivalische Quellen auswerten. Lediglich Lotto-Kusche, der an einem Dissertationsprojekt arbeitet, setzt sich mit dem durch das Memorandum angestoßenen Anerkennungsprozess auf breiter empirischer Grundlage von Behördenakten und Dokumenten der Selbstorganisationen auseinander.
Margalit, Gilad: Die Nachkriegsdeutschen und ihre „Zigeuner“. Die Behandlung der Sinti und Roma im Schatten von Auschwitz, Berlin 2001.
Diese Studie bietet den bislang einzigen monografischen Überblick zum politischen Umgang bundesrepublikanischer Behörden mit der Minderheit. Auf Basis intensiver Quellenarbeit werden historische Kontinuitäten in den ersten Jahrzehnten nach 1945 etwa im Polizeibereich in den Blick genommen. Das Festhalten Margalits am „Zigeuner“-Begriff fällt ebenso negativ ins Auge wie seine These, die Anerkennung der Sinti und Roma als NS-Opfergruppe in den achtziger Jahren sei Reflex eines sekundären Antisemitismus gewesen. Diese Interpretation unterschätzt die Lobbyarbeit der deutschen Bürgerrechtsbewegung.
Sandner, Peter: Frankfurt. Auschwitz. Die nationalsozialistische Verfolgung der Sinti und Roma in Frankfurt am Main, Frankfurt am Main 1998.
Der nationalsozialistische Völkermord an Sinti und Roma war über Jahrzehnte hinweg eine Leerstelle historischer Forschung. Das Buch Peter Sandners zählt zu den ersten seit den neunziger Jahren entstanden Regional- und Lokalstudien zum Thema. Die Untersuchungen zeigen, dass in der Anfangsphase des NS-Regimes vor allem örtliche und regionale Ausgrenzungsinitiativen die Radikalisierung der reichsweiten Verfolgungspolitik seit Ende der dreißiger Jahre vorantrieben. Insofern kann die Entwicklung hin zum Genozid nur verstanden werden, wenn man auch die Dynamiken vor Ort in den Blick nimmt. Sandner geht in seinem Werk auch auf die lokale Nachkriegsgeschichte ein und interviewt Zeitzeugen. Wie viele weitere wurde auch die Untersuchung Sandners von Vereinen der Bürgerrechtsbewegung angeregt und erschien mit Unterstützung des Fritz Bauer Instituts in der Schriftenreihe „Hornhaut auf der Seele“ des hessischen Verbands Deutscher Sinti und Roma.
Schär, Bernhard C.: „Nicht mehr Zigeuner, sondern Roma!“ Emanzipation, Forschung und Strategien der Repräsentation einer Roma-Nation, in: Historische Anthropologie 2 (2008), S. 205-226.
Dieser Beitrag untersucht die kulturellen Repräsentationsstrategien der transnationalen Emanzipationsbewegung der Roma und resümiert, dass es gelungen sei, ein Selbstbild als ethnische Minderheit zum anerkannten Fremdbild zu erheben.
Die 2018 veröffentlichte Online-Ausstellung des Anfang der neunziger Jahre in Heidelberg eingerichteten Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma beschäftigt sich auch mit der Ausgrenzung der Minderheit nach 1945 und der Bürgerrechtsarbeit deutscher Sinti und Roma. Hier sind u.a. verschiedene Bilder, Filmausschnitte und Quellen dazu zu finden.
Acton, Thomas: Gypsy Politics and Social Change. The development of ethnic ideology and pressure politics among British Gypsies from Victorian reformism to Romany nationalism. London 1974.
Acton, Thomas/Klímová, Ilona: The International Romani Union: An East European answer to West European questions? In: Will Guy (Hg.): Between past and future. The Roma of Central and Eastern Europe. Hatfield 2001, S. 157-219.
Bennani, Hannah: Die Einheit der Vielfalt. Zur Institutionalisierung der globalen Kategorie „indigene Völker“. Frankfurt 2017.
Brunner, Georg: Menschenrechte von Minderheiten: Individualrechte, Gruppenrechte oder Selbstbestimmungsrecht? In: Jahrbuch für Christliche Sozialwissenschaften 39 (1998), S. 103-124.
Capotorti, Francesco: Die Rechte der Angehörigen von Minderheiten. Kommt es zu einer Erklärung der Vereinten Nationen? In: Zeitschrift Vereinte Nationen 4 (1980), S. 113-118.
Crossen, Jonathan: The United Nations Declaration on the Rights of Indigenous Peoples (2007), in: Quellen zur Geschichte der Menschenrechte, herausgegeben vom Arbeitskreis Menschenrechte im 20. Jahrhundert, Februar 2018, URL: www.geschichte-menschenrechte.de/rights-indigenous-people-crossen/ (06.08.2018).
Fings, Karola: Opferkonkurrenzen. Debatten um den Völkermord an den Sinti und Roma und neue Forschungsperspektiven, in: S:I.M.O.N. – Shoah: Intervention. Methods. Documentation, 2 (2015), S. 79-101.
Fings, Karola/Sparing, Frank: Rassismus - Lager – Völkermord. Die nationalsozialistische Zigeunerverfolgung in Köln. Köln 2005
Freese, Christoph, et al.: Hilfen für Zigeuner und Landfahrer. Vorschläge zur Zielsetzung, Planung und Durchführung sozialer Hilfen für Zigeuner und Landfahrer. Stuttgart 1980.
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Gress, Daniela: „Wir wollen Gerechtigkeit!“. Die Ursprünge der Bürgerrechtsbewegung deutscher Sinti und Roma in Heidelberg, in: Heidelberg. Jahrbuch zur Geschichte der Stadt 22 (2018), S. 111-128.
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Memorandum des Verbandes Deutscher Sinti und der Romani-Union (1979)
von Daniela Gress